Gast-Editorial 02/11: Prof. Dr. Helmut Heseker

Liebe Leserinnen und Leser,

nach mehrjähriger Arbeit hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ihre 2. evidenzbasierte Leitlinie veröffentlicht. Nach der Rolle der Fettzufuhr bei der Entstehung ernährungsmitbedingter Krankheiten wurde nunmehr der Zusammenhang zwischen der Kohlenhydratzufuhr und der Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten nach den Kriterien einer evidenzbasierten Vorgehensweise dargestellt. Der Entwurf stand zunächst acht Wochen auf der DGE-Homepage zur Diskussion. Manche von Ihnen haben bereits zu diesem Zeitpunkt die Gelegenheit genutzt, den Text kritisch zu lesen und zu kommentieren. Ihnen gilt unser herzlicher Dank.

Seit es Empfehlungen für eine gesundheitsförderliche Ernährung gibt, wird die Frage nach der optimalen Zufuhr von Kohlenhydraten diskutiert. Die in der Leitlinie vorgenommene Auswertung der verschiedenen Studienergebnisse hat deutlich gezeigt, dass der absolute Kohlenhydratgehalt der Ernährung weniger bedeutsam in der Prävention bestimmter ernährungsmitbedingter Krankheiten ist als die ernährungsphysiologische Qualität der verschiedenen Kohlenhydrate. Eine Ausnahme stellen die Konzentrationen der Lipoproteine im Blut dar: Diese werden wesentlich durch die Höhe des Kohlenhydratanteils in der Ernährung beeinflusst. Die vorliegenden Studienergebnisse sprechen daher und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Leitlinie zur Fettzufuhr gegen extrem hohe Anteile von Kohlenhydraten bei üblicher Zusammensetzung der Fettsäuren in der Nahrung.

Ein wesentliches Ergebnis der Leitlinie ist, dass eine hohe Ballaststoffzufuhr ein großes präventives Potenzial hat. Die Zufuhr von Ballaststoffen insgesamt und vor allem die von Vollkornprodukten als ballaststoffreiche Lebensmittel senkt die Risiken für diverse ernährungsmitbedingte Krankheiten und sollte erhöht werden. Für Hinweise zur Umsetzung dieser Empfehlung möchte ich Sie auf das DGEinfo 12/2010 verweisen.

Da ein Zusammenhang zwischen dem Konsum zuckergesüßter Getränke und dem Risiko für Adipositas sowie Diabetes mellitus Typ 2 seit Längerem diskutiert wird, hat die Leitlinienkommission entschieden, auch zuckergesüßte Getränke bei der Studienauswertung zu betrachten. Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der Konsum zuckergesüßter Getränke, insbesondere aufgrund ihrer das Adipositas- und Diabetesrisiko erhöhenden Wirkung, eingeschränkt werden sollte.

Aus den Leitlinien der DGE zu Fett und Kohlenhydraten lassen sich keine evidenzbasierten Begründungen für optimale Energieanteile der energieliefernden Nährstoffe für die Krankheitsprävention ableiten. Dennoch werden für die Ernährungsberatung, die Verpflegungsplanung und die Bewertung der Nährstoffzufuhr in Verzehrsstudien entsprechende Vorgaben benötigt. Diese Vorgaben sollten neben den Aussagen aus den Leitlinien noch weitere Kriterien berücksichtigen, wie z. B. übliche Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung, die Praktikabilität oder auch ökologische Aspekte. Die DGE hat sich mit dieser Frage im Rahmen der Leitlinienerstellung intensiv befasst und ein Positionspapier zu den Richtwerten für die Energiezufuhr aus Kohlenhydraten und Fett erstellt, welches Sie in dieser Ausgabe der Ernährungs Umschau ab Seite 152 finden.

Wie schon zur evidenzbasierten Leitlinie zum Fettkonsum wird es auch zur „Kohlenhydrat- Leitlinie“ eine Broschüre „Leitlinie Kohlenhydrate kompakt“ geben, die die Ergebnisse prägnant und praxisbezogen darstellen wird.

Ich wünsche Ihnen eine informative und aufschlussreiche Lektüre.

Prof. Dr. Helmut Heseker
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V.

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