Functional Food. Zur Vorgeschichte einer ``modernen´´ Produktgruppe

Uwe Spiekermann, Göttingen

"Verhaltene Stimmung" kennzeichnet gegenwärtig die Marktlage von Functional Food. Die noch vor zwei bis drei Jahren bestehende Euphorie – Marktanteile von 10 oder gar 20 % des Lebensmittelumsatzes wurden genannt – ist verflogen. Functional Food sind in der Bundesrepublik Deutschland wichtige Nischenprodukte, die seit Mitte der 1990er Jahre vor allem bei alkoholfreien Getränken, bei Milchprodukten und im Backwarensektor eine starke Stellung erreicht haben. Doch auch 1,5 Mrd. DM Umsatz im Jahre 2000 bedeuten schlicht, dass es noch Jahre dauern wird, bis der Marktanteil von Functional Food am gesamten Lebensmittelmarkt 1 % übertreffen wird.

Functional Food verbreitert das Lebensmittelangebot, wird unsere Alltagskost jedoch nicht grundlegend verändern. Dieser aktuelle Befund bremst die Euphorie, die noch vor 2–3 Jahren die Vermarktung der "neuen" Lebensmittel begleitete. Der Blick auf die Vorgeschichte der Produktgruppe zeigt, dass dies zu erwarten war. Am Beispiel von Functional Food wird die enge Symbiose zwischen einer Wissenschaft, die eine defizitär gedeutete Ernährung optimieren und rationalisieren will, und dem Aufstieg der modernen Ernährungswirtschaft aufgezeigt. Ausgehend von ersten Nährpräparaten, die vornehmlich in der Krankenernährung eingesetzt wurden, versuchte man schon vor mehr als 100 Jahren Functional Food im Massenmarkt durchzusetzen.

Während die "künstlich" hergestellter Präparate nur für kurze Zeit erfolgreich waren, konnte sich das "natürliche" Produkt Joghurt am Markt durchsetzen, auch wenn der gesundheitliche Zusatznutzen geringer war als anfangs gedacht. Neue Produkte, wie Acidophilusmilch, Bioghurt und Biogarde, zeugen von der wissenschaftlichen Beharrlichkeit, Functional Food zu entwickeln und durchzusetzen. Weitere Beispiele vitaminisierter und fortifizierter Produkte werden vorgestellt. Im Lichte der Vorgeschichte erweist sich Functional Food als eine alte Produktgruppe, in der sich die Träume und Hoffnungen von Wissenschaftlern und Essenden manifestieren, durch simples Essen bestimmter Lebensmittel gesund zu bleiben. Die historische Perspektive verdeutlich gleichermaßen Faszination und Enge derartiger Konzepte, belegt aber auch, dass Gesundheit ein komplexerer Prozess ist, als ihn uns das Konzept von Functional Food suggeriert. EU05/02

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs-Umschau 05/02 ab Seite 182.

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