BgVV - Acrylamid in Lebensmitteln

Unter dem Titel "Acrylamid – ernstes Problem oder überschätzte Gefahr" fand am 29. August 2002 eine Veranstaltung des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) in Berlin statt. Mehr als 200 in- und ausländische Vertreter aus Politik, Behörden, Verbraucherschutzeinrichtungen, Wissenschaft und Industrie nahmen teil.

Deutlich wurde, dass die Acrylamidbelastung von Lebensmitteln ein ernstzunehmendes gesundheitliches Problem darstellt, dessen Lösung jedoch noch einige Zeit beanspruchen wird.

Der Stoff Acrylamid war im April diesen Jahres in die Diskussion geraten, nachdem die schwedische Gesundheitsbehörde über hohe Acrylamidmengen in frittierten, gebratenen, gerösteten und gebackenen Produkten berichtet und auf ein daraus möglicherweise resultierendes relevantes Krebsrisiko für den Menschen hingewisesen hatte (Ernährungs-Umschau 49 [2002] S. 241, 260 ff., 324).

Zwischenzeitlich hat das BgVV zusammen mit Untersuchungseinrichtungen der Bundesländer und privaten Labors Analysenmethoden entwickelt, die eine eindeutige Bestimmung der Acrylamidgehalte ermöglichen.

In Hinblick auf die Entstehung von Acrylamid gibt es noch immer offene Fragen. Acrylamid kann bei der Herstellung stärkehaltiger Lebensmittel entstehen, wenn ein stickstoffhaltiger Reaktionspartner vorhanden ist. Dabei scheinen die Temperatur, die Erhitzungsdauer, der Trockenheitsgrad sowie die Zusammensetzung der Produkte (bei Kartoffeln auch Sorte und Lagerbedingungen) neben möglichen weiteren Faktoren eine Rolle zu spielen. Es konnte beobachtet werden, dass v. a. Produkte mit sehr geringen Wassergehalten (durch hohe Temperaturen bei der Produktion) besonders stark mit Acrylamid belastet waren. Sobald der Einfluss dieser Faktoren eindeutig abgesichert ist, können technologische Änderungen der Herstellungprozesse industriell gefertigter Produkte abgeleitet werden.

Besonders problematisch in Hinblick auf die Bildung von Acrylamid ist die Zubereitung von Nahrungmittel im privaten Haushalt. Denn hier können ebenfalls kritische Mengen des Stoffes beim Frittieren, Braten, Rösten oder Backen entstehen. Daher muss die Bedeutung einzelner Entstehungsfaktoren vorrangig geklärt werden, damit die Verbraucher in der eigenen Küche hohe Acrylamidgehalte vermeiden können. Entsprechendes gilt für Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung.

Anlässlich des Treffens stellte die Bundesanstalt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erstmals Daten zur Belastung von Lebensmitteln des deutschen Marktes mit Acrylamid vor. Diese bestätigen im Wesentlichen die Acrylamidgehalte, die in Schweden, Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz ermittelt wurden. Zu den am höchsten belasteten Produktgruppen gehören auch in Deutschland Pommes Frites und Chips. Acrylamid wurde aber auch in vorgerösteten Frühstückszerealien, Gebäck und anderen Knabberartikeln sowie weiteren stärkehaltigen und unter hohen Temperaturen hergestellten Lebensmitteln nachgewiesen.

Die Werte unterschieden sich zum Teil erheblich zwischen den Chargen und zwischen Produkten verschiedener Hersteller. Untersuchungen von Obst, Gemüse und Fleisch verliefen bisher negativ. Um die Acrylamidgehalte schrittweise zu senken, hat das BVL gemeinsam mit den Bundesländern eine Minimierungsstrategie auf der Basis so genannter "Aktionswerte" (1000 µg/kg Lebensmittel) vereinbart. Die Europäische Kommission veranstaltet am 16. Oktober 2002 ebenfalls ein Expertengespräch mit einem ähnlichen Ansatz.

Ein ausführlicher Bericht über die Präsentationen sowie die vorgestellten Daten aus Deutschland können unter www.bgvv.de (Veranstaltungen), eine Zusammenfassung der Tagungsergebnisse unter dem Stichwort Aktuelles (Mitteilung vom 03.09.02) abgerufen werden. EU10/02

Weitere Kurzberichte finden Sie in Ernährungs-Umschau 10/02 ab Seite 404.

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