Symposium: 3-MCPD & Co – Eine Bilanz nach 8 Jahren Forschung

Den aktuellen Stand des Wissens zu 2- und 3-MCPD- sowie Glycidylfettsäureestern in Lebensmitteln präsentierten die Deutsche Gesellschaft für Fettwissenschaft e. V. (DGF) in Zusammenarbeit mit dem Verband der Ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) in einem eineinhalbtägigen Seminar im April in Berlin.

Acht Jahre sind nach der ersten Veröffentlichung von Daten und der ersten toxikologischen Bewertung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zum Vorkommen von 3-MCPD-Fettsäureestern in Speisefetten und -ölen vergangen. Ziel des Seminars war es den aktuellen Stand des Wissens zusammenzufassen und herauszuarbeiten, welche offenen Fragen hinsichtlich der toxikologischen Bewertung, des Bildungsmechanismus, der Analytik, der Entwicklung von Vermeidungsstrategien sowie des Vorkommens in Lebensmitteln noch beantwortet werden müssen.

In den Vorträgen zeigte sich, dass nach acht Jahren Forschung viel erreicht wurde, aber auch noch Fragen offen sind. Für die Bestimmung der Ester in Fetten und Ölen existieren heute validierte, indirekte Methoden, die vergleichbare Ergebnisse liefern. Allerdings gibt es bislang keine durch einen internationalen Ringversuch validierte Methode für zusammengesetzte Lebensmittel. Dies ist aber dringend notwendig, um das in Empfehlung 2014/661/ EU geforderte Monitoring zu Gehalten an Estern und freien Verbindungen in verschiedenen Lebensmitteln umzusetzen. Solche Ergebnisse werden für eine valide Risikoabschätzung dringend benötigt.

Durch umfangreiche toxikologische Studien zur Bioverfügbarkeit kann heute klar belegt werden, dass die relative Bioverfügbarkeit der 3-MCPD-Ester mit der der entsprechenden freien Verbindungen (3-MCPD) vergleichbar ist und daher die Ester toxikologisch so bewertet werden müssen wie die freien Verbindungen.

Für die Entwicklung von Minimierungsstrategien in Lebensmitteln ist es notwendig, den Bildungsmechanismus zu kennen. Hier wurden große Fortschritte gemacht und es ist heute klar, dass die Bildung der 3-MCPD-Ester vom Chloridgehalt und möglichen Ko-Reaktanten abhängt, während die Bildung der Glycidyl-Ester von dem Gehalt an Diglyzeriden und den Desodorierungsbedingungen beeinflusst wird. Der Mechanismus läuft dann über verschiedene Zwischenstufen bis hin zu den Estern.

Es existiert eine Vielzahl von Maßnahmen, die geeignet sind die Bildung der Ester bei der Ölherstellung deutlich zu reduzieren bzw. Ester aus Ölen zu entfernen. Diese werden von der Industrie z. T. auch schon umgesetzt, aber der größere Aufwand kostet Geld. Unter Federführung des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL) ist eine Toolbox zur Minimierung der Ester im Herstellungs- und Verarbeitungsprozess entwickelt worden, in der die möglichen Maßnahmen der Reduzierung zusammengestellt wurden. Diese soll demnächst veröffentlicht werden. Insbesondere durch Reformulierung von Produkten oder auch durch Verwendung von speziellen Chargen für Spezialprodukte ist es gelungen, den Gehalt an 3-MCPD- und Glycidylestern in fetthaltigen Lebensmitteln zu reduzieren. Dies gilt auch für Säuglingsnahrung. Bislang gibt es noch keine eindeutige Regelung, wie die Ester lebensmittelrechtlich zu bewerten sind.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Vorkommen von 2- und 3-MCPD sowie Glycidylfettsäuren in Speisefetten und -ölen heute deutlich besser verstanden wird, dass aber beim Vorkommen in Lebensmitteln noch viele Fragen offen sind. Die Datenbasis zur Bewertung der Exposition muss für Fette und Öle, aber auch für zusammengesetzte Lebensmittel verbessert werden, Analysemethoden für zusammengesetzte Lebensmittel müssen validiert werden und schließlich müssen auch die Rahmenbedingungen für die lebensmittelrechtliche Bewertung der Ester in Lebensmitteln noch geschaffen werden.

Dr. Bertrand Matthäus
Max-Rubner Institut, Karlsruhe

Siehe auch den Beitrag „Vorkommen und Bedeutung von 3-MCPD-Fettsäureestern in Fetten und Ölen“ von B. Matthäus in Ernährungs Umschau 2010, Heft 1, ab S. B1.



Hintergrund: 3-MCPD-Fettsäureester

Beim Erhitzen von fett- und salzhaltigen Lebensmitteln kann 3-MCPD (3-Monochlorpropandiol) als unerwünschter Stoff entstehen. Die Substanz löst im Tierversuch ab einer bestimmten Dosierung Tumore aus. Neben freiem 3-MCPD kommt diese Substanz auch gebunden an Fettsäuren vor (3-MCPD-Fettsäureester). Die Ester entstehen durch chemische Reaktionen insbesondere bei der Raffination von Fetten und Ölen. Studien des BfR zufolge wirken sowohl freie als auch als Ester gebundene 3-MCPD ab einer bestimmten Dosierung tumorfördernd, es wurde daher ein TDI (Tolerable Daily Intake) für 3-MCPD festgelegt: 2 μg/kg KG [1]. Öffentliches Interesse erregte insbesondere der Nachweis von 3-MCPD-Fettsäureestern in Säulingsmilchnahrung.

Literatur: 1. Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). 3-MCPD-Fettsäureester in Lebensmitteln. Stellungnahme Nr. 006/2013 des BfR vom 3. April 2012. URL: www.bfr.bund.de/cm/343/3-mcpd-fettsaeureester-in-lebensmitteln.pdf  Zugriff 18.05.15



Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 06/15 ab Seite M322.

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