Berthold Gaßmann verstorben

Am 4. Juli 2008 ist Herr Prof. Dr. rer. nat. habil. Berthold GASSMANN, ehemaliger Herausgeber der Ernährungs Umschau und langjähriges Präsidiumsmitglied der DGE, verstorben.

Berthold Gaßmann wurde am 3. Januar 1927 in Lutter-Eichsfeld geboren. Er studierte bis 1951 Lebensmittelchemie an der Friedrich Schiller Universität zu Jena. Mit Themen zur Vitaminforschung folgten 1957 die Promotion und 1967 die Habilitation an der Humboldt-Universität Berlin. Als wissenschaftlicher Assistent arbeitete Gaßmann von 1951– 1952 am Institut für Tierernährung und Milcherzeugung an der Universität Jena, anschließend an der Anstalt für Vitaminforschung und -prüfung in Potsdam-Rehbrücke.

Ab 1957 war er am Zentralinstitut für Ernährung (ZfE) der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin im Bereich der Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaft in verschiedenen Leitungsfunktionen tätig – zunächst als Leiter der Abteilung Vitaminforschung, dann des Wissenschaftsbereiches Chemie und Technologie der Lebensmittel. Gaßmann wurde 1971 zum Professor für Lebensmittelchemie und -technologie ernannt. Von 1982 bis 1988 leitete er die Abteilung Anwendungsforschung und war stellvertretender Institutsdirektor. Er war einer der produktivsten Wissenschaftler des ZfE und von allen Seiten unbestritten als integere Persönlichkeit hochgeschätzt.

Schließlich hat er – zermürbt vom wachsenden politischen Einfluss auf das Institut – vorzeitig den Abschied genommen, so dass er bei der Wende 1989 schon im Ruhestand war. Trotzdem beteiligte er sich sofort und aktiv an der Rettung und Neukonzeption des Instituts, aus dem am 1. Januar 1992 das Deutsche Institut für Ernährungsforschung (DIfE) hervorging. Dabei hat er sich durch uneigennützige, kluge und unbestechliche Beratung der Institutsleitung unschätzbare Verdienste erworben.

Seine wissenschaftliche Reputation und sein publizistisches Können stellen über 200 Arbeiten im lebensmittel- und ernährungswissenschaftlichen Bereich sowie zahlreiche Lehr- und Fachbücher unter Beweis.

Als Herausgeber der „Ernährungs Umschau“ von 1991 bis Ende 2002 prägte Gaßmann nicht nur die Zeitschrift, sondern gab ihr auch neue Impulse. Unvergessen sind seine Glossen unter dem Titel Alimentum ultimum (Das letzte Gericht). In der fiktiven Gestalt Johannes philosophierte er zusammen mit Cousine Elvira brillant, witzig und manchmal sarkastisch über aktuelle, besondere und oft irgendwie absurde Ereignisse. Darüber hinaus hat er der Redaktion zahlreiche Impulse gegeben, neue Themen angeregt und auf die Gestaltung der Zeitschrift eingewirkt. Nicht zuletzt zeugen zahlreiche Beiträge für die Zeitschrift von seinem unermüdlichen Fleiß und seiner breiten Expertise.

Auch noch nach seinem Rückzug aus der Herausgeberschaft hat er wertvolle und kompetente Beiträge verfasst, wie die Übersicht über die neuen Dietary Reference Intakes (DRI) der USA (2003), die Rückschau auf 50 Jahre Ernährungs Umschau (2004) und noch kurz vor einer größeren medizinischen Maßnahme im Herbst 2006, von deren Folgen er sich nie mehr ganz erholen sollte, eine leidenschaftliche Streitschrift über das Thema von Höchstmengen an Vitaminen und Mineralstoffen in Lebensmitteln. Der DGE stand er als Präsidiumsmitglied über zahlreiche Jahre zur Seite.

Mit viel Energie und überzeugender Sachkompetenz übernahm Gaßmann die Aufgabe des Chefredakteurs des „Ernährungsberichts 1996“. Des Weiteren beteiligte er sich als Autor an den „D-A-CH-Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr 2000“. Zudem stand er als Experte für Vitamine den Referaten der DGE hilfreich zur Seite und war Mitglied des Kuratoriums und des Ausschusses Nahrungsbedarf. Seine Verdienste in der Ernährungsforschung würdigte die DGE 1999 mit der Verleihung der Carl-von-Voit-Medaille.

Berthold Gaßmann war ein leiser, humorvoller und freundlicher Mensch mit einer umfassenden humanistischen Bildung. Er war ein Wahrheitssucher und ließ sich als selbstständiger Denker und unabhängiger Geist nicht verbiegen. Persönlich war er auf seine Familie ausgerichtet und hat z. B. das Heranwachsen seiner Enkel sehr bewusst als ein Geschenk genossen. Seine ausgeprägte christliche und katholische Grundhaltung half ihm, manchen Schicksalsschlag wie den frühen Tod seiner Frau 1994 zu ertragen. Die Ernährungs Umschau und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung werden dankbar seiner gedenken. Seine unermüdlichen Initiativen und sein Engagement werden noch lange fortwirken.

Prof. Dr. Peter STEHLE
Präsident der DGE

Dr. Helmut OBERRITTER
Geschäftsführer der DGE  

Prof. Dr. Helmut ERBERSDOBLER
Herausgeber der Ernährungs Umschau

Margit GAEDE-TOEPFER
Geschäftsführung
Umschau Zeitschriftenverlag Breidenstein GmbH

Dipl. oec. troph. Heike RECKTENWALD
Chefredakteurin 

Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 08/08 auf Seite 490. Weitere Mitteilungen der Verbände lesen Sie ab Seite 488.

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