Mutterkorn – ein nach wie vor aktuelles Problem für Getreideanbau und -verarbeitung

Rolf Steinmüller, Erftstadt

Einleitung

Es gibt nur wenige Pilzarten, die historische Bedeutung erlangt haben. Bei Claviceps purpurea, dem Mutterkorn-Pilz, ist dies der Fall. Die Fäden des Schlauchpilzes leben in Stängeln und Blättern verschiedenster Gräser. Die aus der reifen Ähre herausragenden übergroßen „Samenkörner“ sind Sklerotien, die Überdauerungsorgane des Pilzes (• Abbildung 1). Vornehmlich sind die Getreidearten Roggen und Triticale (eine Kreuzung aus Weizen und Roggen) betroffen, in anhaltend feuchten und kühlen Frühjahren werden aber auch Weizen und Gerste befallen und es kann zu einer entsprechenden Verunreinigung des Getreides kommen. In den Mutterkörnern können giftige Substanzen, sog. Ergotalkaloide, enthalten sein. Diese können beim Menschen unerwünschte gesundheitliche Effekte auslösen.
Im Getreideanbau kann der Befall mit Mutterkorn heute durch landwirtschaftliche Maßnahmen reduziert werden. Darüber hinaus stehen auch technologische Verfahren zur Reduktion des Mutterkorngehaltes zur Verfügung [1]. Dennoch kommen immer wieder Mehle in die Verarbeitung und in den Verkauf, die deutlich höhere Mutterkorn-Alkaloidgehalte aufweisen.

Wechselhafte Geschichte

Während Mutterkorn in der Vergangenheit immer wieder zu Massenvergiftungen geführt hat, wurde es später zu einer wahren Fundgrube für Arzneimittel [2]. Die ersten Anhaltspunkte zur Existenz von Mutterkorn werden auf das Jahr 600 v. C. datiert; weshalb Mutterkornvergiftungen auch als die älteste bekannte Mykotoxikose bezeichnet werden [3, 4]. Auch wenn der Ergotismus vermutlich bereits in der Antike bekannt war [5–7] hatte die Erkrankung ihre größte Verbreitung in Europa während des Mittelalters, da der Roggen eine weitverbreitete Kulturpflanze in Mitteleuropa war. Aus den meisten Überlieferungen geht hervor, dass Mutterkornvergiftungen in den Monaten nach der jeweiligen Getreideernte auftraten. Teilweise erwähnen die Berichte auch feuchten Frühling und heiße Sommer – ideale Bedingungen für Claviceps purpurea. Zusätzlich war die Bevölkerung aufgrund von herrschenden Hungersnöten gezwungen, das Getreide ohne Reinigung zu vermahlen [8].



Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 06/15 auf Seite S21 bis S26.

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