Die ketogene Diät bei Störungen des zerebralen Energiestoffwechsels

Jörg Klepper, Bärbel Leiendecker, Essen

Das menschliche Gehirn ist in seiner Komplexität und differenzierten Leistungsfähigkeit einzigartig. Daher muss es rigoros vor Schwankungen des Körpermilieus abgeschirmt werden. Dies übernimmt die sog. Blut-Hirn-Schranke. Andererseits muss kontinuierlich und höchst effektiv Energie für die komplexen Leistungen bereitgestellt werden. Dies geschieht ausschließlich in Form von Glukose, die über den Glukosetransporter GLUT1 durch die Blut-Hirn-Schranke und dann weiter in die Nervenzellen transportiert wird.

Im Fastenzustand schwinden die Glukose- und Glykogenreserven des Körpers rasch – daher wird Fett nach 12 bis 24 Stunden als hoch kalorischer, alternativer Brennstoff genutzt. Fett als Energiequelle lässt sich jedoch vom Gehirn nicht nutzen, da weder Fett noch Fettsäuren die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Als "physiologischer Rettungsanker" für die Energieversorgung des Gehirns dienen daher Ketone, die ebenfalls aus dem Fettabbau in der Leber entstehen. Sie können über einen spezifischen Transporter das Gehirn erreichen und dienen als alternativer Brennstoff zur Energiegewinnung – während des Fasten erhalten also Ketone die Gehirnfunktion.

Die ketogene Diät ist eine extrem fettreiche, kohlenhydratarme isokalorische Spezialdiät, die den metabolischen Zustand des Fastens imitiert. Sie wird erfolgreich in der Behandlung pharmakoresistenter Epilepsien im Kindesalter eingesetzt. Bei GLUT1-Defekt und Pyruvat-Dehydrogenase-Mangel, Erkrankungen des zerebralen Energiestoffwechsels, ist sie sogar die Therapie der Wahl.

Die ketogene Diät muss stationär eingeleitet werden. Eine enge medizinische Kontrolle durch ein erfahrenes Team aus Pädiater und Ernährungsfachkraft ist erforderlich. Eine sorgfältige Schulung der Familien in der Berechnung und Durchführung der Diät, sowie eine intensive Begleitung in der Klinik und zu Hause sind Grundvoraussetzungen für ein gutes Gelingen. Erforderlich sind regelmäßige Verlaufskontrollen von Ketose und Wirkung, Gedeihen, Nebenwirkungen und Mitarbeit.

Bei Hyperinsulinämie und bei Störungen der ß-Oxidation, z. B. dem MAD-Defekt, ist die ketogene Diät selbst wirkungslos – hier gibt es jedoch erste Berichte über den erfolgreichen Einsatz von oral zugeführten Ketonen als diätetische Behandlungsmöglichkeit. In den nächsten Jahren kann hier mit Spannung die Weiterentwicklung auf diesem Gebiet erwartet werden.

Nach einem Vortrag anlässlich der 45. Fortbildungstagung des VDD im Mai 2003 in Oldenburg.

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs-Umschau 12/03 ab Seite 487, weitere Mitteilungen der Verbände ab Seite 484.

PDF Artikel Download für Abonnenten:

Das könnte Sie interessieren
Sternchensuppe weiter
Die Rolle der Ernährungstherapie in der Behandlung von Essstörungen weiter
30 Jahre Diätassistenten-Gesetz: VDD fordert „Novellierung jetzt!“ weiter
Verbände fordern verstärkte Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen zur Steigerung der... weiter
61. Wissenschaftlicher Kongress der DGE weiter
Pflanzliche Speisefette und -öle weiter