Zu guter Letzt: Tim Mälzer und der Ernährungs Check

Tim Mälzer versucht – lobenswerterweise – seit einiger Zeit in seinen Dokumentationen dem Wahrheitsgehalt von Medieninformationen zu gesunder Ernährung auf den Grund zu gehen. Die aktuelle Sendung „Der Ernährungs Check“1 berichtete über eine Studie, in der zwei Wochen lang der Gesundheitszustand und das Gewicht von jungen Männern verfolgt wurde, die in die Gruppen Fast Food, Hausmannskost und mediterrane Ernährung aufgeteilt worden waren.

Wichtige Fragen wurden aufgeworfen und zum Teil auch interessante Ergebnisse gezeigt. Die Schlussfolgerungen daraus waren allerdings zumeist falsch oder wurden zu wenig beachtet, was wiederum charakteristisch für Informationen durch Publikumsmedien ist. Hier nur einige wichtige Beispiele:

1. Fast Food wurde als eintönig beurteilt, was sicherlich zutrifft. Vielen Produkten wurde aber auch ein insgesamt brauchbarer Vitamingehalt bescheinigt. Letzteres ist nicht neu, bereits 1989 haben wir dies in der Ernährungs Umschau2 dargestellt. Das tatsächliche Problem lag jedoch darin, dass die Fast-Food-Gruppe trotz isokalorischer Ernährung nicht satt wurde. Wenn aber die Leute nicht satt werden, dann essen sie mehr und damit zu viel, und daraus resultieren die wichtigsten Probleme. Das wurde nicht thematisiert.

2. Die Studie erbrachte keine Veränderung im Körpergewicht und in den biochemischmedizinischen Blutwerten. Daraus wurde geschlossen, dass alle Ernährungsweisen (Fast Food, Hausmannskost und mediterrane Ernährung) gleich gesund und keine ungesund seien. Das kann man aber aus einer einmaligen, 14-tägigen Studie nicht ableiten. Wie alle wissen (müssten), entwickeln sich Zivilisationskrankheiten – ob Herz-Kreislauf-, Krebs- oder andere Erkrankungen – über Jahrzehnte. Hier sind große epidemiologische Studien aussagekräftiger als so kurze Interventionen.

3. Die Wirkung der Ballaststoffe wurde als wenig bedeutend abgetan. Auch hier zeigen epidemiologische Daten von mehreren 100 000 Probanden etwas anderes, wobei das Bild ggf. noch deutlicher würde, wenn man die Personen heraus rechnen könnte, die aufgrund einer genetischen Disposition nicht ansprechen. Dieser genetische Bezug war die vielleicht interessanteste Aussage in der Sendung. Außerdem sind die meisten ballaststoffreichen Lebensmittel gleichzeitig nährstoffreich.

4. Der Versuch, den Gesundheitswert von Obst und Gemüse am Beispiel der Orange auf den Gehalt an Vitamin C zu reduzieren, mit vagem Hinweis auf einige andere Vitamine, ist schon fast zynisch. Auch hier zeigt die Epidemiologie etwas anderes. Die Grundaussage des hinzugezogenen „Spezialisten“, dass es „keine gesunden und ungesunden Lebensmittel“ gibt, sondern es neben vielen weiteren Faktoren auf die Dosis ankommt, wurde unzulässig dahingehend verallgemeinert, dass es keine gesunde und ungesunde Ernährungsform gibt.

Tim Mälzer lag mit seiner Anfangsaussage, dass es auf eine „ausgewogene“ Ernährung ankommt, eigentlich schon ganz richtig. Sicherlich gibt es noch viele Argumente für oder gegen die Aussagen der Sendung – schreiben Sie uns diesbezüglich!

Mit den besten Grüßen

Ihr

H. Erbersdobler

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 03/12 auf Seite 184.

1„Das Erste“ – Sendung vom Montag, 27. 2.2012, 20.15
2 Erbersdobler HF, Schmitz A, Trautwein EA (1989) Untersuchungen zur Nährstoffversorgung ausgewählter Bevölkerungsgruppen durch Fast Food Verpflegung. 2. Mineralstoffe und Vitamine. Ernährungs Umschau 36: 402–409

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