Übergewicht und Adipositas: Neue Krankheit beschrieben - Inaktives Sättigungshormon verursacht Übergewicht

Ärzte und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Ulm haben eine neue Krankheit beschrieben. Bei einem schwer übergewichtigen Kind konnte das bei ihm biologisch inaktive Sättigungshormon Leptin als Ursache des starken Übergewichts identifi ziert werden. Das neue Krankheitsbild und die dazugehörigen physiologischen Zusammenhänge, die Ergebnisse der durchgeführten Experimente und der Therapieerfolg wurden im New England Journal of Medicine publiziert [1].

Bislang wurden Patienten mit dieser Erbkrankheit durch einen Bluttest identifiziert. War das Hormon Leptin in der Blutbahn nicht nachweisbar, wurde die Diagnose des Leptin-Mangels gestellt. Bei einem Kind maßen die Wissenschaftler jetzt jedoch normale, sogar hohe Leptinwerte. Entgegen gängiger Richtlinien wurde daraufhin das Leptin-Gen untersucht und eine Mutation festgestellt. Es handele sich dabei um sog. bioinaktive Hormone, so Prof. Dr. Martin WaBitSch, Leiter der Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Ulm.
Leptin wird im Fettgewebe in Abhängigkeit von der Fettzellgröße und der Fettmasse produziert und hemmt im Gehirn die Nahrungsaufnahme. Kann das Hormon wegen einer Veränderung im Erbgut nicht oder fehlerhaft produziert werden, erhält das Gehirn kein Sättigungssignal. In der Folge wird ungebremst Nahrung aufgenommen, und es entsteht extremes Übergewicht. Auch andere Prozesse, die an den Energiehaushalt des Körpers gekoppelt sind, werden durch Leptin beeinfl usst, z. B. der Glukose- und Fettstoffwechsel, die Infektabwehr, die Pubertätsentwicklung und bei Erwachsenen die Fruchtbarkeit. Das Kind wurde mit biotechnologisch hergestelltem Leptin behandelt. Bereits nach wenigen Tagen war eine eindeutige Wirkung zu erkennen.

Die ausgeprägte Nahrungssuche und der übermäßige Appetit verschwanden. Im Verlauf der nächsten Wochen nahm der Patient deutlich an Gewicht ab, und die Stoffwechsellage verbesserte sich. Die Forscher haben bereits weitere Patienten mit dieser Diagnose identifiziert.


Literatur: 1. Wabitsch M, Funcke JB, Lennerz B et al. (2015) Biologically inactive leptin and early-onset extreme obesity. N Engl J Med 372: 48–54 Quelle: Universität Ulm, Pressemeldung vom 14.01.2015

Quelle: Universität Ulm, Pressemeldung vom 14.01.2015

Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 03/15 auf Seite M133

Das könnte Sie interessieren
Sternchensuppe weiter
Die Rolle der Ernährungstherapie in der Behandlung von Essstörungen weiter
30 Jahre Diätassistenten-Gesetz: VDD fordert „Novellierung jetzt!“ weiter
Verbände fordern verstärkte Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen zur Steigerung der... weiter
61. Wissenschaftlicher Kongress der DGE weiter
Pflanzliche Speisefette und -öle weiter