Editorial 06/03: Doch nicht ganz umsonst?

Prof. Dr. Helmut ErbersdoblerHelmut Erbersdobler, Kiel

In Fachkreisen und darüber hinaus wird immer wieder bemängelt, die jahrzehntelangen Bemühungen in der Ernährungsberatung seien nutzlos gewesen. In der Tat lässt beispielsweise die zunehmende Zahl Übergewichtiger in Deutschland vermuten, dass den Menschen entweder das entsprechende Wissen und das Interesse fehlen oder aber Einsicht und Essensrealität weit auseinander klaffen.

Rechtzeitig zum 50. Geburtstag der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. in diesem Jahr erscheinen nun Ergebnisse der MONICA-/KORA-Arbeitsgruppe (S. 208 ff.), mit denen sich der Trend hin zur "gesunden" Ernährung während der letzten vier Jahrzehnte belegen lässt. Sicherlich waren es nicht nur die vielen kleinen und großen Maßnahmen in der Ernährungsberatung und -aufklärung, die diesen Erfolg bewirkt haben. Ein verändertes Lebensmittelangebot, aber auch Lebensmittelskandale, BSE, Tiertransporte etc. haben ebenfalls dazu beigetragen.

Die zahlreichen positiven Veränderungen – so ist die Bedeutung der Ballaststoffe in der Bevölkerung bekannt, der Konsum von Obst und Gemüse hat sich erhöht, jodiertes Speisesalz wird in fast allen Haushalten verwendet – sind sicherlich ein Verdienst von Institutionen wie der DGE, dem aid-infodienst und anderen. Und diese wurden erreicht trotz der gegenläufigen Propaganda vieler selbst ernannter "Propheten", die durch zahlreiche Interessensgruppen und ihre Gefolgsleute in den Medien unterstützt wurden.

Allerdings ist seit der dritten Querschnittsstudie 1994/95 ein weiterer positiver Trend nicht mehr nachweisbar, was die Autoren mit methodischen Differenzen zwischen MONICA- und KORA-Projekt erklären. Ganz so optimistisch sehe ich dies jedoch nicht. Ich glaube vielmehr, dass man in den letzten Jahren auch im Ernährungsbereich der so genannten "Spaßgesellschaft" Tribut gezollt hat. Die Abkehr vom Vollkornbrot und die Zuwendung zum Weißbrot in Form des Ciabatta mag als ein Beleg hierfür gelten. Da die Hinwendung zu "Fun und Fitness" angesichts zunehmend leerer Geldbeutel aber allmählich abflaut, werden Informationen über eine "gesunde" Ernährung künftig vermutlich wieder verstärkt beachtet. Diesen Trend sollten wir aktiv unterstützen.

Das könnte Sie interessieren
Sternchensuppe weiter
Die Rolle der Ernährungstherapie in der Behandlung von Essstörungen weiter
30 Jahre Diätassistenten-Gesetz: VDD fordert „Novellierung jetzt!“ weiter
Verbände fordern verstärkte Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen zur Steigerung der... weiter
61. Wissenschaftlicher Kongress der DGE weiter
Pflanzliche Speisefette und -öle weiter