Nachschlag: Kochboxen – Trend verpennt?

Wievielmal am Tag nutzen Sie eine Suchmaschine? Also, wenn Sie im statistischen Durchschnitt der knapp 8 Mrd. ErdenbürgerInnen (mit und ohne Internetzugang) liegen, mindestens 1-mal/Tag.1
Ich schätze, dass es bei mir einige Male mehr sind.

Und nicht selten fällt dabei der Blick auf die Teaser-Bildchen unterhalb der Suchmaske: Werbung für Urlaubsziele, Yellow-Press-Tratsch, verlockende Kaufangebote, Schlagzeilen der Nachrichtensender. Auch auf den Login-Seiten der Mailprovider versuchen sie, unsere Aufmerksamkeit zu erhaschen. Immer wieder ist dabei auch Werbung für Lieferdienste, Kochboxen & Co.
Ein Anbieter – nennen wir ihn „HalloFleisch“ – setzt bei der Bildauswahl der von ihm gesponserten Meldungen recht penetrant auf Fotos ziemlich großer Fleischportionen. Und so hab´ ich mir die letzten Wochen mal die Mühe einer kleinen Strichlisten-Statistik2 gemacht: Immer, wenn „HalloFleisch“ seine Sommer-Rabatte auf Kochboxen anpries, zeigten die Werbebildchen Fleischgerichte: Mal einen Burger, mal (vermutlich) Geflügel. Mal „well done“, mal eher blutig (pardon: „blue“). Beim Bild zum Slogan „leckere, ausgewogene Gerichte“ war sogar nur rohes und gegartes, tierisches Protein zusehen. Einmal immerhin mit einem Alibi-Kräuterzweig.
Dabei ist mein Büro-Rechner – in Zeiten von Tracking-Cookies und personalisierten Suchergebnissen – eher fleischlos im Einsatz. Es ist also unwahrscheinlich, dass ein auf mich personalisierter Algorithmus ausgerechnet Roastbeef & Co. als die verkaufsfördernde Wohlfühl-Bildsprache auswählt. Bleibt als Erklärung die Marketing-Strategie des Kochboxen-Unternehmens: Meat sells? Wie einst in Zeiten der günstigen Bus-Tagesfahrten mit der „Schnitzelranch“ als Traumziel? Schade, denn wenn auch die hippen Kochboxanbieter eine Mahlzeit immer noch als „Fleisch + Beilage“ illustrieren, verlieren wir damit durchaus relevante, zukunftsträchtige Player auf dem Weg zu mehr pflanzenbasierter Ernährung. Eine vertane Chance – Trend verpennt.
Dabei kann der Anbieter es durchaus anders: Ein Blick auf die angebotenen Menüs zeigt (ja, ich habe auf den Link mit dem Roastbeef-Bild geklickt und damit wohl meine Cookies für die nächsten Jahre geprägt), dass der Anbieter durchaus zumindest auch vegetarisch kann! Und bei der Bestellung können wir als KonsumentInnen „abstimmen“. Warum es die leckeren Bilder dieser Rezepte nicht in die Teaser-Anzeigen schaffen? Die Welt ist eben voller Rätsel und alter Zöpfe. Lassen Sie es sich trotzdem schmecken.

Ihr Udo Maid-Kohnert

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1 Allein bei Google sind es rund 8 Mrd./Tag: https://orange-services.de/artikel/newskategorie/ wie-viele-suchanfragen-beantwortet-google (Zugriff am 19.7.2022)
2 Belege als Screenshot in der Redaktion – können und wollen wir aus Gründen des Urheberrechts nicht zeigen!



Den Nachschlag finden Sie wie auch die Vorschau auf die nächste Ausgabe in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 8/2022 auf Seite M464.

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