Deutsche Krebsgesellschaft: Ketogene und KH-arme Diät bei Krebs

Seit einiger Zeit wird Tumorpatienten eine Ernährung angeboten, die in unterschiedlichem Ausmaß arm an Kohlenhydraten ist. Als Begründung wird angeführt, dass der Stoffwechsel von Tumorzellen KH-abhängig sei. Je nach Interpretation der Daten versprechen Anhänger der Diät entweder einen direkten Einfluss auf das Tumorwachstum und die Metastasierung, eine Verbesserung der Wirksamkeit von Chemo- und/oder Strahlentherapie bzw. eine bessere Verträglichkeit insb. der Chemotherapie.

Beruhend auf einer systematischen Literaturrecherche im Juni 2014 nimmt die Arbeitsgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie (PRiO) in der Deutschen Krebsgesellschaft dazu folgendermaßen Stellung:

1. Zum jetzigen Zeitpunkt liegt keine wissenschaftliche Untersuchung vor, die belegt, dass eine derartige Kostform Wachstum und Metastasierung eines Tumors beim Menschen verhindern/ zurückdrängen kann.

2. Zum jetzigen Zeitpunkt liegt keine wissenschaftliche Untersuchung vor, die beweist, dass eine derartige Kostform die Wirksamkeit einer Chemo- und/ oder Strahlentherapie verbessert.

3. Zum jetzigen Zeitpunkt liegt keine wissenschaftliche Untersuchung vor, die beweist, dass die Verträglichkeit einer Chemotherapie beim Menschen durch diese Kostform verbessert wird.

Zum derzeitigen Zeitpunkt kann eine Anwendung einer kohlenhydratarmen oder ketogenen Diät für diese Indikation nicht empfohlen werden.

Hintergründe und Studienergebnisse

Grundlage der Hypothesen zu antitumoralen Effekten einer KH-armen Ernährung ist der sog. Warburg-Effekt, der besagt, dass maligne Zellen ihren Energiebedarf vorwiegend über die Glykolyse decken. Eine KH-arme Kost soll über eine Verminderung der Glukoseverfügbarkeit das Energiesubstrat der Tumorzellen verknappen. Zu KH-armen oder ketogenen Diäten liegen eine Reihe von Zell- und Tierexperimenten vor, deren Ergebnisse jedoch nicht eindeutig sind. In einigen Experimenten konnte das Tumorwachstum verlangsamt werden. In anderen kam es nach einiger Zeit zu stammzellartigen Veränderungen von Tumorzellen.

In diesen Tierexperimenten wurde nach anfänglicher Verlangsamung des Tumorwachstums ein beschleunigtes Wachstum beobachtet. Darüber hinaus zeigen einige Experimente, dass nur bei denjenigen Tieren eine initiale Wachstumsverlangsamung des Tumors zu sehen war, bei denen es auch zu einer Gewichtsabnahme kam. Außerdem zeigen einige Experimente: Das Entscheidende für die Wachstumsverlangsamung ist die Gewichtsabnahme, unabhängig von der Kostform (KH-arm oder fettarm).

Bisher gibt es nur wenige Untersuchungen zur ketogenen Diät bei an Krebs erkrankten Menschen, und in keiner konnte eine Rückbildung von Tumoren, eine Verlängerung des Überlebens, eine Verbesserung des Therapieansprechens oder eine Verminderung von Nebenwirkungen durch die ketogene Diät belegt werden. Die Akzeptanz bei den Patienten ist relativ niedrig, insbesondere bei der strengen ketogenen Diät. Zudem zeigen die wenigen Studien am Menschen, dass Tumorpatienten mit einer Gewichtsabnahme oft eine schlechtere Prognose haben. Kostformen, die zu einer Gewichtsabnahme führen, sind deshalb bedenklich. Es gibt jedoch Hinweise, dass eine Erhöhung der Fettzufuhr ohne Kohlenhydratrestriktion einen positiven Effekt bei Patienten mit Tumorkachexie haben könnte.

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie (PRiO) in der Deutschen Krebsgesellschaft, Pressemeldung vom 29.09.2014

Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 11/14 auf Seite M590.

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