Rezensionen 05/02

Nährstoffanreicherung von Lebensmitteln

Wiedergegeben sind 24, auf der 10. Dreiländertagung der Ernährungsgesellschaften Deutschland, Österreichs und der Schweiz am 9./10. November 2000 in Wien gehaltene Vorträge und vorgestellte Poster. Es ist sicher ein Verdienst der Herausgeber, Vorgaben gemacht und redaktionell dafür Sorge getragen zu haben, dass aus der "Rede" jeweils eine gut lesbare "Schreibe" mit vorangestellter Zusammenfassung und nachgestellter Literaturliste geworden ist.

Bei der Heterogenität der Nahrung und Ernährung betreffenden Themen, Vortragsformen und Betrachtungsweisen war das sicher nicht einfach. Dementsprechend darf man hinsichtlich der Möglichkeiten und Gegebenheiten, des Sinns und Unsinns sowie der technologisch oder physiologisch gesetzten Grenzen einer Lebensmittelanreicherung mit Nährstoffen als Fazit der Veranstaltung allerdings auch keine vertretbare Lehrmeinung erwarten.

Allerdings macht sich, vom Fehlen eines Sachwortverzeichnisses einmal ganz abgesehen, wie sehr oft bei Tagungsberichten das Fehlen von Diskussionsbeiträgen bemerkbar. Es kann doch beispielsweise nicht unwidersprochen hingenommen worden sein, physiologische und pharmakologische Wirkungen eines Nährstoffes am Upper Safe Level of Intake (UL) und damit am No oder Lowest Observed Adverse Level (NOEL bzw. LOEL) festzumachen, geschweige denn wie die gängige Dreifachregel einen solchen qualitativen Umschlag im Bereich der sicheren Aufnahme (Safe Level of Intake) ohne stichhaltige Begründung zwischen RDA und UL anzusiedeln.

Schließlich sind für einige Vitamine bei Hochdosierung schon lange und hinlänglich Wirkungen bekannt, die nicht auf vitaminspezifischen Mechanismen beruhen, wie etwa die antinozizeptive von Vitamin B1 (auch in Kombination mit B6), die lipidsenkende von Nikotinsäure u. andere. Schade auch, dass die inzwischen verabschiedete EU-Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten für Nahrungsergänzungen (Vitamine und Mineralien) zwar einmal erwähnt, auf sie aber nicht weiter eingegangen worden ist; denn sie lag zum Zeitpunkt der Dreiländertagung immerhin schon als weitgehend abgestimmter Vorschlag vor.

B.Gaßmann, Bergholz-Rehbrücke

Elmadfa, I., König, J. (Hrsg.): Nährstoffanreicherung von Lebensmitteln. Referate und Poster der 10. Dreiländertagung der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährungsforschung. Stuttgart Wiss. Verlagsgesellschaft 2002, 184 S., 45 Abb., 25 Tab., brosch., € 40,00 (Mitgliedsspreis bei Bezug der Reihe zur Fortsetzung: € 32,00) EU05/02

und

Lehrbuch der Lebensmittelchemie

Die nach 9 Jahren herausgekommene stark überarbeitete und um nochmals 93 Seiten erweiterte 5. Auflage begründet wohl endgültig den Rang eines Standardwerkes. Das Überschreiten der 1000-Seitengrenze hat das Lehrbuch nun allerdings ebenso unwiderruflich zum Handbuch werden lassen.

Beim Vergleich mit den am Ende, obwohl bedauerlicherweise nicht aktualisiert, zusammengestellten allgemeinen Literaturhinweisen auf Handbücher, Tabellen, Schriftenreihen und Monographien wird der enzyklopädische Anspruch deutlich. Leider ist dafür die Literatur zu den einzelnen Kapiteln ebenfalls kaum auf die gegenwärtige Position gebracht worden.

Lebensmittelchemisch und -technologisch mag das keine entscheidende Rolle spielen. Ernährungsphysiologisch hingegen ist das anders; denn da liegt wirklich noch so manches im Argen. Abgesehen davon, dass nach wie vor der Bedarf an und die empfohlenen Zufuhren von Nährstoffen oder nun letztere zudem selbst geschätzten Referenzwerten gleich gesetzt werden, vermisst man über das Wenige von Seite 853 hinaus vor allem ein Eingehen auf das zunehmende Angebot an functional und novel food. Da indessen Phytosterole nicht einmal erwähnt werden, gibt es beispielsweise auch keinen Hinweis auf damit versetzte Margarinen.

Sekundäre bzw. bioaktive Pflanzenstoffe fehlen eben nicht nur als Begriff. Auf ihre Bedeutung für die Gesundheit wird im Rahmen der Abhandlungen über Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreide sowie Produkte daraus so gut wie gar nicht eingegangen. Warum Bifidobakterien der Darmflora begünstigende Kohlenhydrate als bifinogen bezeichnet werden, ist unverständlich.

So sehr Lebensmittelchemiker das Werk auch schätzen und dessen Neuauflage begrüßen mögen, wegen ihres in den letzten 50 Jahren gründlich veränderten Berufsprofils wird es den im Zusammenhang damit gewachsenen ernährungsphysiologischen Belangen leider nicht gerecht. EU05/02

B. Gaßmann, Bergholz-Rehbrücke

Belitz, H.-D., Grosch, W., Schieberle, P. : Lehrbuch der Lebensmittelchemie.
5. Aufl., Springer-Verlag 2001, Berlin/Heidelberg/New York,

1059 S., 572 Abb., 620 Tab., geb., € 81,75.

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