Netzwerk Gesund ins Leben: Baby-led weaning kann klassische B(r)eikost ergänzen

Baby-led weaning heißt ein neuer Trend in der Beikost ( s. a. Ernährungs Umschau 12/2014, S. M646), der von der britischen Hebamme und Stillberaterin Gill Rapley entwickelt wurde1. Der Säugling wird nicht wie bisher mit Brei gefüttert; er ist bei den Mahlzeiten der Familie mit dabei, nimmt sich – wenn er bereit ist und mag – angebotene kleine Stückchen und füttert sich selbst.

Das Kind entscheidet dabei eigenständig, was es isst [1]. Dies unterscheidet sich von dem hierzulande üblichen Ernährungsplan für das 1. Lebensjahr des Forschungsinstituts für Kinderernährung, der vom Netzwerk Gesund ins Leben und von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin unterstützt wird [2, 3]. Gehen Eltern einfühlsam auf die Signale des Kindes ein, kann durch Babyled weaning ein gesundes Essverhalten gefördert werden. Doch auch ein ausgewogenes Angebot ist wichtig. Es ist bisher nicht geklärt, ob und wie Baby-led weaning eine angemessene Nährstoffversorgung sicherstellen kann.

Essen nach Bedarf

Die Befürworter sehen in Babyled weaning eine Methode, mit der Kindern seit Urzeiten der Übergang von der Muttermilch zur festen Nahrung gelingt. Baby-led weaning führt das Prinzip „Essen nach Bedarf“, das das Baby vom Stillen kennt, konsequent fort [1]. Das Kind bei den Mahlzeiten liebevoll zu begleiten, seine Signale wahrzunehmen, richtig zu interpretieren und angemessen zu beantworten, all das fördert ein gesundes Essverhalten und ist wünschenswert – egal, ob das Baby Brei oder Stückchen isst. Ob Baby-led weaning tatsächlich zu einem besseren Ernährungsverhalten führt, sich der Säugling leichter an eine Vielfalt von Texturen und Geschmacksrichtungen gewöhnt und Übergewicht vorgebeugt werden kann, ist bisher noch nicht ausreichend belegt [4].

Auf ausreichend Nährstoffe achten

Im Ernährungsplan für das 1. Lebensjahr des Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKE) ist die Versorgung des Kindes durch Muttermilch bzw. Säuglingsmilchnahrung und jene durch die Breie so aufeinander abgestimmt, dass der kindliche Nährstoffbedarf gedeckt wird – sofern die empfohlenen Portionsangaben eingehalten werden [2]. Ein solches Konzept fehlt beim Baby-led weaning. Das Angebot an stückigen Lebensmitteln ist von Familie zu Familie unterschiedlich und das, was das Baby davon auswählt, ebenfalls. Muttermilch (oder Säuglingsmilchnahrung) bleibt weit ins zweite Lebenshalbjahr hinein die hauptsächliche Nährstoffquelle. All das stellt eine ausreichende Nährstoffversorgung in Frage.

Zu späte Beikosteinführung von Nachteil

Die Beikost wird bei Baby-led weaning eingeführt, wenn die motorischen Fähigkeiten des Säuglings soweit entwickelt sind, dass er sich selbst füttern kann. Die Einführung beginnt in der Regel frühestens ab dem siebten Lebensmonat. Doch Kinder sind im Hinblick auf die motorische Entwicklung sehr verschieden. Manche Kinder nehmen schon mit fünf/sechs Monaten feste Lebensmittelstückchen in den Mund. Andere lassen sich damit weit in das zweite Lebenshalbjahr hinein Zeit [5]. Damit steigt das Risiko für eine unzureichende Energieund Nährstoffversorgung. Brei hingegen können die meisten Kinder problemlos mit 5 bis 6 Monaten essen.

Vielfalt bei Beikost erwünscht

Ein frühes Angebot an vielfältigen Geschmacksrichtungen und Konsistenzen erleichtert die Akzeptanz für neue Lebensmittel [6]. Auch wenn die Breirezepturen Vielfalt durchaus ermöglichen, so zeigt sich in fertig gekauften wie in selbst hergestellten Babybreien eine eher geringe Variabilität. Baby-led weaning könnte hier von Vorteil sein, wenn ein entsprechend vielfältiges Angebot gegeben ist.

Fazit: Auf die Signale des Kindes achten

Die Empfehlung des Netzwerks Gesund ins Leben lautet daher: Eltern sollten sich in der Beikostzeit weiterhin an dem bewährten und sicheren Ernährungsplan mit Brei orientieren. Werden dem Säugling zusätzlich nährstoffreiche Lebensmittel in Stückchen angeboten, kann er sie mit allen Sinnen erfahren und spielerisch eine gesunde Ernährung entdecken. Auch für Babys, die Brei eher verweigern, kann dies ein Weg für eine gute Versorgung sein. Egal ob das Kind Brei isst oder sich selbst am Tisch nimmt – die Hunger- und Sättigungssignale des Babys sollten immer beachtet und respektiert werden.

-> siehe hierzu die Buchvorstellung in der Medienumschau in diesem Heft, S. M308


Literatur:
1. Rapley G, Murkett T. Baby-led weaning. Das Grundlagenbuch. Kösel, München (2013)
2. Hilbig A, Lentze M, Kersting M (2012) Einführung und Zusammensetzung der Beikost. Monatschr Kinderheilkd 160: 1089–1095
3. Koletzko B, Brönstrup A, Cremer M et al. (2010) Säuglingsernährung und Ernährung der stillenden Mutter. Handlungsempfehlungen. Monatsschr Kinderheilkd 158: 679–689
4. Hilbig A, Alexy U, Kersting M (2014) Beikost in Form von Breimahlzeiten oder Fingerfood. Monatschr Kinderheilkd. 162: 616–622. URL: www. fke-do.de/temp/explorer/files/ pdf2014/Hi_2014_Moki_BLW.pdf Zugriff 15.04.15
5. Wright CM, Cameron K, Tsiaka M, Parkinson KN (2011) Is baby-led weaning feasible? When do babies first reach out for and eat finger foods? Matern Child Nutr 7: 27–33
6. Schwartz C, Scholtens PA, Lalanne A et al. (2011) Development of healthy eating habits early in life. Review of recent evidence and selected guidelines. Appetite 57: 796–807

Quelle. Gesund ins Leben – Netzwerk junge Familie, Pressemeldung vom 14.04.2015

Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 05/15 auf Seite M260.

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