Rezensionen 08/02

Lebensmittelrecht

Nicht nur für im Lebensmittelmanagement und -marketing oder im Gesundheits- und Verbraucherschutz sowie im juristischen Beistand Tätige sind Kenntnisse im Lebensmittelrecht heute unerlässlich. Genauso sollten sich Lebensmittel- und Ernährungswissenschaftler darin auskennen, die Entwicklungen und Tendenzen auf dem Lebensmittelsektor zu verfolgen und zu beurteilen haben, zumal wenn sie fachlich zur einschlägigen Gesetzgebung oder als Gutachter bei Rechtstreitigkeiten zu Rate gezogen werden und auffällt, dass ihre Auffassungen nicht einmal über physiologische und pharmakologische Wirkungen von Nahrungsinhaltsstoffen übereinstimmen.

Die Rechtskenntnis ist umso erforderlicher, als zum einen die schnelle Harmonisierung der Rechtsprechung im EG-Bereich und zum anderen ein überschießendes Aufkommen "gesundheitsbezogener" Lebensmittel sowohl deren Abgrenzung untereinander als auch die zu Arzneimitteln und neuerdings in verstärktem Maße überdies die zu Phytopharmaka schwer machen. Ein Weiteres zur Verwirrung trägt die Werbung bei. Deren Rechtsgrundlagen finden sich nämlich lediglich im Wettbewerbsrecht und, auf Lebensmittel bezogen, praktisch nur in den zentralen Vorschriften des §§ 17 und 18 LMBG, wobei die Irreführungstatbestände und das "Verbraucherleitbild" im deutschen und im europäischen Recht besonders strittig sind.

Aus dieser Betrachtungsweise heraus sieht der Rezensent befriedigt die Aktualisierung (Stand: 15.04.2002) und Neugestaltung der in zwei Ordnern als Loseblattsammlung geordneten 88. Auflage der Beckschen Textausgabe "Lebensmittelrecht". Diese hat infolge der Neuorientierung eine geänderte Gliederung und für den schnellen Zugriff mehr Übersichtlichkeit sowie im Detail einen erheblichen Nutzenszuwachs erfahren. Die Reihenfolge der abgedruckten Normen gehorcht nunmehr grob folgendem Konzept: Zuerst kommen allgemeine Normen wie die Basis-VO 1987/2002 und das LMBG.

Dann reihen sich Regelungen über die Kennzeichnung, Zusatzstoffe u. ä., die Hygiene und Rückstände an, um zu horizontalen Regelungen wie der Novel-Food- oder Diätverordnung überzugehen und danach vertikale Regelungen aufzugreifen wie Überwachungsvorschriften und z. B. die Regelungen über Fleisch, Geflügel, Futtermittel und BSE. Von der Prämisse ausgehend, dass unser Lebensmittelrecht inzwischen weitgehend vom europäischen geprägt ist, wird dieses dem deutschen vorangestellt. Einige europäische Richtlinien sind allerdings abgedruckt, obgleich sie schon in deutsches Recht umgesetzt sind. Denn so kann man erkennen, dass und wie sie in den meisten Fällen als Auslegungshilfe deutschen Rechts gedient haben.

Der Rezensent betrachtet als Ernährungswissenschaftler und Nichtjurist die neue Vorgehensweise als hilfreich. Er zögert deshalb nach seinem Verständnis auch nicht, die Sammlung gestandenen wie studierenden Kollegen/innen zu empfehlen, die Lebensmittel mit und ohne "gesundheitlichen" Zusatznutzen zu entwickeln, zu ergänzen, in den Verkehr zu bringen, zu bewerben und zu überwachen haben. Er tut dies in gleicher Weise für jene, die in der Lebensmittel- oder Ernährungsforschung sowie in der diesbezüglichen Lehre an Hoch- und Fachschulen und nicht zuletzt in der Praxis der Verbraucherberatung und öffentlichen Ernährungsgestaltung tätig sind.

Berthold Gaßmann, Bergholz-Rehbrücke

Meyer, A. H. (Hrsg.): Lebensmittelrecht. 88. Aufl., Verlag C. H. Beck, München 2002, Loseblatt-Textsammlung in 2 Ordnern mit Anmerkungen und Sachverzeichnis, 5620 S., € 98,00.

 

Biochemie der Ernährung

Nicht selten haben Querdenker wissenschaftliche Impulse ausgelöst und zum Fortschritt beigetragen. Schon bei der Rezension der 1. Auflage dieses Buches habe ich ihm einen Paradigmenwechsel beigemessen (Ernährungs-Umschau 46 (1999) 314–315). Bei Durchsicht der überarbeiteten und um 50 Seiten erweiterten 2. Auflage erinnerte ich mich lebhaft meiner Emotionen, als erstmals ein Lehrbuch der organischen Chemie mit der traditionellen Abhandlung von Stoffgruppen brach und zu der von Reaktionsgruppen überging.

Das war ein revolutionärer Schritt vom Lernen zum Denken, unbequem fordernd zwar für Studierende, aber für das Verständnis und das kreative Umsetzen chemischer Reaktionen für sie von äußerst förderlichem Nutzen. Auch die Autorinnen dieses Lehrbuches sind hochintelligente Querdenker mit großer Lehrerfahrung, denen wohl nie an reinem Wissen, sondern immer am Verstehen und am Umsetzen des Verstandenen gelegen war. Sie gehören sicher auch nicht zu jenen Lehrstuhlinhabern, die dem seit geraumer Zeit festzustellenden Bedürfnis ihrer Hörer kompendiarisch nachzukommen und ihnen das Studium weiterer Lehrbücher zum selben Sujet zu ersparen trachten.

Die Neuauflage ihres Lehrbuches behält die Gliederung in einen ersten, z. T. neu gefassten und bebilderten zellbiologischen Teil und in einen zweiten bei, der den Stoffwechsel der Nährstoffe unter Berücksichtigung der Organspezifität behandelt. Es sind zwar auch einige Korrekturen, Ergänzungen und klarer stellende Formulierungen vorgenommen worden, aber das eigentlich Neue und ein didaktisch großartiger Einfall ist die Aufnahme von 12 als Exkurse bezeichneten Synopsen mit molekularbiologischen Grundinformationen, die das Verstehen zellulärer Abläufe und biochemischer Vorgänge erleichtern. Wenngleich erneut die Pathobiochemie nicht berücksichtigt worden ist, muss man den Verzicht darauf respektieren und den Autorinnen beipflichten, dass dies allein vom Umfang her den zumutbaren Rahmen gesprengt hätte und sich darum wohl besser ein gesonderter Leitfaden anbietet. EU08/02

Berthold Gaßmann, Bergholz-Rehbrücke

Rehner, G.; Daniel, H.: Biochemie der Ernährung. 2. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002, 601 S., 296 Abb., zahlr. Tab. u. Formelschemata, geb., € 49,95.

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