Immer mehr Kinder in den USA erkranken an Diabetes – Präventionsmaßnahmen auch in Deutschland gefordert

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft warnt vor einer Verbreitung des Diabetes mellitus Typ 2 (DMT2) bei Kindern mit Bewegungsmangel und starkem Übergewicht. Ihre Befürchtung gründet sich auf aktuelle Trends in den USA. Dort ist die Zahl der Erkrankungen an DMT2 bei Kindern und Jugendlichen innerhalb von nur acht Jahren um 31 % gestiegen, dies berichtete die Studiengruppe SEARCH for Diabetes in Youth jüngst im Journal of the American Medical Association (JAMA).

Die Wissenschaftler hatten die Häufigkeit für den DMT2 in den USA bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10–19 Jahren für die Jahre 2001–2009 untersucht. In Deutschland liegt die Zahl der kindlichen Neuerkrankungen an DMT2 momentan wesentlich niedriger – bei etwa 200 pro Jahr. Sie könnte jedoch drastisch steigen, wenn sich die Trends in Deutschland in die gleiche Richtung entwickeln wie in den USA, befürchten die Experten. Hinweise darauf gibt es bereits – der Anteil der stark übergewichtigen (adipösen) Kinder hat sich hierzulande von 1985 bis 2009 verdoppelt.

Eine detaillierte Auswertung der JAMA-Autoren zeigt, dass sich der größte Anstieg in den USA bei benachteiligten Minderheiten (Indianer, Schwarze) und Migranten (Hispanics) ereignete, während die Amerikaner europäischer Herkunft seltener erkranken. „Dies könnte unter Umständen damit zusammenhängen, dass in diesen Gruppen das Problembewusstsein für die Risikofaktoren geringer ausgeprägt ist“, so Prof. Thomas Danne, Kinderdiabetologe und Vorstandsvorsitzender von diabetesDE. Die Experten der DDG halten verstärkte Präventionsmaßnahmen in Kindergarten und Schule für erforderlich.

Auch beim Diabetes mellitus Typ 1 (DMT1) verzeichnet die aktuelle US-Studie bei Kindern im Alter von 0 bis 19 Jahren für den untersuchten Zeitraum eine deutliche Zunahme um 21 %. „Einen Anstieg beim kindlichen Typ-1-Diabetes bemerken wir seit längerem auch in Deutschland“, erläutert Professor Dr. med. Andreas Fritsche, Diabetologe an der Universität Tübingen. „Es wird erwartet, dass die Krankheitshäufigkeit von Typ-1-Diabetes bei Kindern unter 15 Jahren bis zum Jahr 2020 um 70 % steigen wird.“ Damit erkrankt in Deutschland mittlerweile eines von 800 Kindern an DMT1. Derzeit gibt es hierzulande etwa 30 500 Patienten mit DMT1 im Alter von unter 20 Jahren.

Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Erkrankung meistens in den ersten beiden Lebensjahren mit der Bildung von Antikörpern gegen die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse beginnt. Die genauen Gründe für die Attacke des Immunsystems gegen den eigenen Körper sind trotz intensiver Forschung weiterhin unklar.

(scs) Bei den von den Verbänden geforderten Präventionsmaßnahmen ist es wichtig, die detaillierten Ergebnisse der US-amerikanischen Studie im Hinblick auf die Risikogruppen noch stärker in den Fokus zu stellen.  Auch in Deutschland sind Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund und aus schwierigen sozialen Lagen überproportional häufig übergewichtig und damit Risikogruppen für die Entstehung eines DMT2.

Bewegungsförderung und Maßnahmen der Ernährungsbildung inkl. einer gesunden Verpflegung in Kita und Schule sind wichtig, erreichen aber zunächst nur die Kinder. Die Eltern aus diesen besonderen Zielgruppen, die ja für eine Weiterführung der Gesundheitsförderung ihrer Kinder zu Hause verantwortlich sind, werden nur mit einer genau auf ihre Zielgruppe zugeschnittenen Ansprache erreicht. Dies macht eine gezielte und überlegte, differenzierte Elternarbeit unverzichtbar.

Literatur: Dabelea D, Mayer-Davis EJ, Saydah S et al. (2014) Prevalence of Type 1 and Type 2 Diabetes among children and adolescents from 2001 to 2009. JAMA 311(17): 1778–1786. DOI: 10.1001/jama.2014.3201

Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Pressemeldung vom 04.07.2014

Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 08/14 auf Seite M417.

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