Wie alternativ ist alternativ? - Ernährungsweisen als Ausdruck gesellschaftlichen Wandels

Uwe Spiekermann, Gesa U. Schönberger, Heidelberg

Ernährungsweisen als Ausdruck gesellschaftlichen Wandels

Trotz BSE- und MKS-Krise haben die meisten Deutschen kaum ihre Ernährungsweisen verändert. Mit diesem Phänomen kalkulieren heute Politik und Wirtschaft. Jeder Skandal hat zwar kurzfristig zu Markteinbußen geführt. Langfristig gesehen, haben sich die Verbraucher meist aber wieder beruhigt und sind zu ihren gewohnten Verhaltensweisen zurückgekehrt. Essen scheint wahrlich eine der konservativsten menschlichen Handlungen zu sein.

Aus diesem Anlass konzentriert sich dieser Beitrag auf die Frage, warum nicht alle Deutschen zu einer gesunden Ernährung im Sinne der Vollwert-Ernährung oder des Vegetarismus übergehen. Um dies zu verstehen, ist es notwendig, sich intensiver mit dem Phänomen der Alternative auseinander zu setzen. Alternativ bedeutet "eine andere Möglichkeit", eine Abweichung von dem, was normal und durchschnittlich ist.

Abweichungen vom normalen Essen werden gesellschaftlich unterschiedlich bewertet: als kurios, als sozial erwünscht sowie als krankhaft und therapiebedürftig. Meist werden dabei soziale oder kulturelle Normen, teilweise sogar Tabus gebrochen. Kurios nennen wir z. B. die Ernährung, die der Überlebenskünstler Rüdiger Nehberg praktiziert. Wir betrachten dies neugierig und mit gewissem Ekel, halten Nehberg aber deshalb noch lange nicht für krank. Therapiebedürftig erscheint uns dagegen das Essverhalten von Anorektikern und Bulimikern oder auch das zwanghafte In-sich-Aufnehmen nicht essbarer Dinge, das Pica genannt wird.

Zwischen diesen beiden Extremen stehen solche Verhaltensweisen, die bestimmte soziale Gruppen ausbilden. Sie verhalten sich entweder besonders sozial erwünscht und sind dadurch höchst anerkannt (hierzu gehört das besondere Ernährungsverhalten von einigen Schwangeren und das von kleinen Kindern, sicher in gewissem Ausmaß auch eine besonders asketische Ernährung in Klöstern) oder sozial unerwünscht und gelten als Außenseiter (hierzu zählen z. B. Obdachlose). Obwohl diese Einteilung in drei Gruppen logisch erscheint, ist es schwierig, klare Grenzen zwischen den Gruppen zu ziehen. Die Übergänge sind nämlich variabel und fließend. Was die Einteilung jedoch deutlich macht, ist, dass Essen nicht nur biologisch notwendig ist, sondern immer auch sozialen und psychologischen Zwecken dient.EU11/01

Den vollständigen Artikel finden Sie in der Ernährungs-Umschau 11/01 ab Seite 442.

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