Zu guter Letzt 11/12: Power Nap

Kennen Sie den Power Nap? Die Wunderwaffe gegen den ärgerlichen Biorhythmus des Körpers, der mittags die Augenlider schwer werden lässt? Zeiteffektiv bringt der Power Nap den Körper wieder auf Touren und spiegelt damit den Zeit-Geist wider: Die Siesta wurde modernisiert wiederentdeckt.

Schon vor diesem „Super-Schlaf“ hat die Menschheit unzählige Verfahren erfunden, um Abläufe zu beschleunigen. Von der Ursprungsidee sinnvoll: Züge und Autos haben unsere Mobilität gegenüber der Postkutsche um Längen verbessert, die Weihnachts-E-Mail nach Südamerika braucht nicht sechs Wochen wie die Karte vorher. Soweit hat die Zeit-Ersparnis das Leben erleichtert. Wie viele kulturelle Errungenschaften hat jedoch die Kultur der Lebenserleichterung durch Beschleunigung ihre kulturelle Blüte in vielen Bereichen überschritten und ist außer Kontrolle geraten. So schadet sie zuweilen den Menschen, denen sie helfen sollte.

Dies betrifft auch die Ernährung. Der Wunsch nach immer verfügbarer Nahrung in allen Ausführungen, schnellstmöglich produziert und transportiert, mündet in Massenproduktion und damit in Qualitätsverfall, Umweltbelastung und einem Unterschätzen des Wertes und der Bedeutung der Nahrung mit seinen Folgen. Dennoch hat sich auch in den vergangenen Jahrzehnten, in denen sich diese Prozesse etablierten, die Lebensdauer der Menschen weiterhin verlängert und die Gesundheit in vielen Bereichen verbessert.

Wo ist also das Problem? Abgesehen von der Überlastung unserer Umwelt nimmt die Lebensqualität der von Beschleunigung am meisten Betroffenen ab. Für die altbekannten Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Adipositas ist der Zusammenhang mit dem zu viel und zu schnell inzwischen belegt. Erst recht gilt dies für die neuerdings dramatisch steigende Prävalenz der Erkrankungen des Stützapparates und der psychischen Erkrankungen: Körper und Geist der Zeit-Gestressten streiken, sind „burnt-out“ oder brechen unter der Last der pausenlosen Leistungspflicht zusammen.

Ich bin Verfechterin des „leben und leben lassen“, daher mag es für die Menschen, die den Thrill des Global Playing lieben, o. k. sein, 24/7 verfügbar und pausenlos unterwegs zu sein. Nicht alle Menschen liefern sich jedoch freiwillig dem Körperrhythmus feindlichen Arbeitsprozessen aus . Vordenker, als die ich Wissenschaftler/-innen bezeichnen möchte, haben hier eine soziale Verantwortung, auf diesen Prozess aufmerksam zu machen. Sie sollten das außer Kontrolle Geratene und die Folgen deutlich machen, die den Segnungen und Erleichterungen nachgefolgt sind. Im Idealfall nicht nur in Worten und Plänen, sondern indem sie selbst eine langsame (ja, das Wort „langsam“ darf man aussprechen!) Zeitkultur pflegen.

Denken Sie in diesem Zusammenhang auch mal über den Power Nap nach – oder ob Sie nicht doch lieber einfach ein Nickerchen machen wollen, wohltuend und ganz ohne Effektivitätsdruck.

Sabine Schmidt

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 11/12 auf Seite 664.

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