Editorial 01/10: Kantine kontra Fast Food

Prof.Dr. Helmut Erbersdobler
HerausgeberKürzlich saß ich beim Arzt und es ging gegen Mittag. Da hörte ich, wie die Arzthelferin einen Pizzaservice anrief und eine Pizza für jeden der Mannschaft bestellte. Ich fragte mich, ob das jeden Tag so läuft und kam zu dem Schluss, dass dieser Weg bei solchen Kleinbetrieben die Regel sein könnte. Zur nächsten Gaststätte mit Mittagstisch zu gehen, ist angesichts einer knappen Mittagspause nicht jedem möglich.

Auf der anderen Seite war ich in meiner aktiven Zeit etwa 20 Jahre lang von Montag bis Freitag Nutzer einer der nahe gelegenen Kantinen. In allen wurden täglich drei Gerichte angeboten, davon ein vegetarisches. Im Grunde habe ich die Speisenangebote in guter Erinnerung, das Essen schmeckte meistens gut, die Gerichte wurden offensichtlich nicht zu lange warm gehalten und die Angebots-Vielfalt war ausreichend. Die Mahlzeiten erschienen mir nicht zu fett, mit Ausnahme einer Kantine, die allerdings wegen der wohlschmeckenden Gerichte besonders beliebt war.

Alle Angebote waren jedoch überreich an Kochsalz, besonders die Eintöpfe. Letztere, aber auch Tellergerichte haben zumeist eine recht niedrige Energiedichte um die 90–140 kcal/100g. Klassische Fast-Food-Gerichte liegen dagegen deutlich höher mit gut 200 kcal bei Hamburgern, >250 kcal bei Pizzen und gut 300 kcal bei belegten Brötchen .

Hier kann also die Kantine gegenüber Fast Food punkten, noch mehr aber bei der Vielfalt der Menüs. Durch die günstigere Angebotssituation für den Großeinkauf sind Kantinen oft in der Lage, eine breit gestreute Auswahl, auch für exotische Lebensmittel oder spezielle vegetarische Gerichte bereitzustellen. Auf der anderen Seite nutzen Kantinen – ebenso wie die meisten Restaurants – viele Convenience- Möglichkeiten wie vorgegarte Halbfertig-Erzeugnisse u. a. m.

Hierbei kann es vor allem durch spezielle Bearbeitung oder lange Lagerzeiten zu Vitaminverlusten kommen. Die manchmal zu langen Warmhalte-Zeiten wurden bereits erwähnt. Eine ernährungswissenschaftliche Beratung der Betriebe ist also lohnend, und auch Überlegungen, den Pizza-Service abwechslungsreicher zu gestalten, wären sinnvoll. Die Special-Beiträge rund um das Thema „Gemeinschaftsverpflegung“ in diesem Heft ab S. 22 zeigen einige Möglichkeiten dazu auf und erlauben eine Direktive an die Berater vor Ort.

Ich wünsche Ihnen eine gute Verpflegung im Neuen Jahr, seien Sie neugierig und probierfreudig!

Herzlichst, Ihr  Helmut Erbersdobler

Das könnte Sie interessieren
Sternchensuppe weiter
Die Rolle der Ernährungstherapie in der Behandlung von Essstörungen weiter
30 Jahre Diätassistenten-Gesetz: VDD fordert „Novellierung jetzt!“ weiter
Verbände fordern verstärkte Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen zur Steigerung der... weiter
61. Wissenschaftlicher Kongress der DGE weiter
Pflanzliche Speisefette und -öle weiter