Zu guter Letzt 03/11: Vorsätzlich

Wenn man die letzten Wochen mit den Debatten um den Dioxinskandal rekapituliert, dann handelt es sich nicht um einen Unfall oder um Höhere Gewalt, wie man sie bei zurückliegenden Lebensmittel“ skandalen“ im Zusammenhang mit BSE oder Hühnergrippe unterstellen könnte. Auch eine fahrlässige Handlung, wie bei Kontamination mit Cadmium oder durch Fusarientoxine kommt nicht in Frage. Die Zumischung der Dioxin-belasteten Öle war eine vorsätzliche Tat, ausgelöst durch das Streben nach „Gewinnmaximierung“ – vulgo Gier. Man glaubte, durch niedrige Dosierung oder das Verdünnungsprinzip unentdeckt zu bleiben – und das hat ja wohl auch einige Zeit funktioniert.

Auch wenn ich die akuten Gefahren für nicht so erschreckend halte, wie sie zuweilen in den Medien dargestellt werden, so spricht aus diesem Vorgehen ein unglaublicher Zynismus und eine Missachtung der Verbraucher. Hier ist wieder mal der Kunde nicht der König, sondern der Sklave, der jeden Dreck fressen soll . Wohl keiner der Verursacher hätte das seinem Hund angetan. Dies zeugt von einer erschreckenden und fundamental unmoralischen Einstellung und fordert zum Nachdenken auf, wie weit diese verbreitet ist.

„Wer faulen Wein mit gutem mischt, hat sein Leben verwirkt“ (Soester Stadtrecht, 1120, zit. nach: A. Hensel, 2011). Bäcker, die Sand in das Mehl gemischt hatten, wurden früher ins Wasser getunkt – Waterboarding würden man heute sagen – obwohl der Sand zumeist nicht giftig war (es gab sicher damals auch unbewusst und absichtlich toxischere Zutaten). Heute wechseln die Verursacher vermutlich lediglich das Metier – oft nicht einmal das – und machen an anderer Stelle weiter. Wie schon im Editorial des letzten Hefts geschrieben, gehört vor allen Dingen dies verhindert. Neben den vielen Maßnahmen, die derzeit erörtert werden, sollte man auch das ‚Verschneiden‘ kontaminierter Lebensmittel, um sie nach dem Verdünnungsprinzip „verkehrsfähig“ zu machen, grundsätzlich verbieten. In Zeiten, in denen ein nicht unerheblicher Anteil der Agrarproduktion direkt oder indirekt als Biotreibstoff verbrannt wird, muss man es sich leisten können, für die Nahrung die besten Partien zu reservieren.

Ihr Helmut Erbersdobler

Das könnte Sie interessieren
Sternchensuppe weiter
Die Rolle der Ernährungstherapie in der Behandlung von Essstörungen weiter
30 Jahre Diätassistenten-Gesetz: VDD fordert „Novellierung jetzt!“ weiter
Verbände fordern verstärkte Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen zur Steigerung der... weiter
61. Wissenschaftlicher Kongress der DGE weiter
Pflanzliche Speisefette und -öle weiter