Zu guter Letzt 08/11: Legale Täuscher

Vor einigen Tagen wurde das Internet-Portal der Verbraucherzentralen „Lebensmittelklarheit.de“ eröffnet. Das Portal informiert Verbraucher. Sie können aber auch interaktiv Lebensmittel benennen, durch oder über die sie sich getäuscht fühlen. Die Verbraucherzentralen überprüfen die Hinweise und stellen die Ergebnisse mit einem eigenen Kommentar ins Portal – zusammen mit einer Stellungnahme des Herstellers. Träger sind der Bundesverband der Verbraucherzentralen und die Verbraucherzentrale Hessen.

Finanzielle Unterstützung kommt vom Bund. Verbraucherministerin Ilse AIGNER lobte das Angebot als eine Möglichkeit zum Dialog zwischen Verbrauchern und Herstellern. Die Ernährungswirtschaft sieht sich dagegen „an den Pranger gestellt“. Warum wurde das Portal eingerichtet? Weniger zur Überführung von Tätern, die das Gesetz missachten oder zu großzügig auslegen. Dazu haben wir im Land und in der EU ein inzwischen schon sehr engmaschiges Netz an Regelungen. Nein, es geht im Wesentlichen darum, dass man häufig als Verbraucher ganz legal über den Tisch gezogen wird. Beispiele können Sie sicher demnächst zu Hauf im Portal nachlesen.

Was bewegt die Hersteller, mehr scheinen zu wollen als zu sein? An vorderster Stelle steht der Anreiz zum Kauf. Weiterhin will bzw. muss man niedrige Preise erreichen und dabei noch Gewinn erzielen. Was wird zumeist gemacht? In erster Linie wird der teure Hauptbestandteil zu Gunsten eines billigeren Surrogats reduziert (z. B. Mangos gegen Orangen) oder es werden wertvollere Inhalte durch Bild und Text vorgespiegelt. Die Verwendung billiger Bestandteile (z. B. Formfleisch) oder von Rohstoffen geringerer Qualität gehört zu den diffizileren Methoden. Dazu zählen auch Schnellverfahren statt traditioneller Herstellung, die Verringerung der Lagerungs- und Reifungszeiten, die Senkung der Verpackungskosten und manches mehr.

Diese Praktiken kann man nur durch bewusste Lebensmittelwahl bzw. Kaufverweigerung bekämpfen. Da die Verbraucher dafür zu wenig geschult sind, versucht man, sie über das neue Portal „schlauer zu machen“. Allerdings könnte es durchaus auch für die Hersteller vorteilhaft sein, wenn sie dort erklären können, warum gewisse Dinge gemacht werden müssen oder anders nicht gehen. Das Vorhaben ist ambitioniert, aber vielversprechend. Wir wünschen ihm Erfolg und werden weiterhin darüber berichten.

Mit Herzlichen Grüßen

Helmut Erbersdobler

Den Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 08/11 auf Seite 446.

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