Letter to the editor zum Interview: Kinderernährung: Vegan und gesund geht nicht!

Markus Keller, Langgöns/Gießen; Claus Leitzmann, Gießen

Vorwort von Prof. Dr. Helmut ERBERSDOBLER, Herausgeber Ernährungs Umschau

Auf die Frage „Kann man sich vegan vollwertig ernähren?“ möchte ich mit dem berühmten (berüchtigten) Satz antworten „Im Prinzip ja!“. Damit meine ich, dass eine sehr bewusste und bestens selektierte Nahrungszusammensetzung benötigt wird, um auch bei Kindern alle Nährstoffe in ausreichender Menge bereitzustellen.

Dabei kann man darüber streiten, ob dies nur Kennern auf dem Gebiet der Ernährung und Lebensmittelkunde oder auch interessierten und beflissenen Laien möglich ist. Auf jeden Fall erscheint mir die ja besonders in Gießen propagierte Vollwert-Ernährung mit adäquatem Milch- und geringem Fleischanteil in dieser Hinsicht sicherer.

Als Schwachpunkte werden immer v. a. die Vitamine B12, A und D sowie das Spurenelement Jod genannt. Vitamin B12 und Jod müssen supplementiert werden, wozu die aufgeklärten Veganer heute offensichtlich bereit sind. Es gibt aber noch immer Bio-Bäcker und -Köche, die das mit Jod angereicherte (Meer-)Salz ablehnen. Für Vitamin D gilt die Notwendigkeit der Supplementation im Winter, zumal die zur Zufuhr beitragenden Lebensmittel (Seefische, Eidotter, Milch etc.) ja entfallen. Bei Vitamin A mag man darüber streiten, ob die Versorgung über β-Carotin effizient genug ist. Ähnliches gilt für die Umwandlungsrate von α-Linolensäure in die langkettigen n-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA).

Auf keinen Fall kann eine einseitige vegane Ernährung (z. B. strenge Makrobiotik) bei Kindern toleriert werden. Der Spielraum für nährstoffarme Genussmittel dürfte viel enger sein als bei konventioneller Ernährung. In den letzten Wochen wurde die vegane Ernährung verschiedentlich in den Medien (Tageszeitungen) propagiert. Ich finde das verfrüht und meine, dass sie (noch) keine Empfehlung für die breite Bevölkerung ist. Daher unterstütze ich die Aufforderung des Leserbrief-Schreibers, Veganer bezüglich Ernährungsfragen adäquat zu beraten.

Letter to the Editor

Die Aussagen im Interview basieren nach unserem Kenntnisstand auf einer einseitigen und undifferenzierten Betrachtungsweise der wissenschaftlichen Daten zur veganen Ernährung. Die praktische Erfahrung sollte nicht unbeachtet bleiben. Die im Interview zitierte American Dietetic Association kam in ihrer umfangreichen Stellungnahme zu vegetarischen Ernährungsformen zu dem Schluss, dass eine gut geplante vegane Ernährung geeignet ist, den Nährstoffbedarf von Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen zu decken und eine normale Entwicklung zu fördern. Ähnlich ist auch die Einschätzung der American Academy of Pediatrics sowie der Canadian Paediatric Society.

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 11/12 von Seite 632 bis 633.

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