Zu guter Letzt 11/13: Nebel werfen für den blauen Dunst

Achtung! Gefahr für den „mündigen Verbraucher“! Nicht nur, dass er erst vor kurzem zwischen teilweise schwer unterscheidbaren Alternativen für das politische Schicksal der Bundesrepublik wählen sollte. Nein, viel schlimmer, weiteres Ungemach droht durch „standardisierte Verpackungen und ein Einheitsgeschmack“.

Rund ein Viertel1 der mündigen Verbraucher läuft Gefahr, von der Europäischen Gemeinschaft noch stärker bevormundet zu werden als bisher: Diese bedauernswerten Bewusst-Raucher müssen nämlich in Zukunft ihr Lieblings-„ Genussmittel“ finden, obwohl es durch reine Bürokratenwillkür in standardisierten Verpackungen mit Schockbildern versteckt wurde. So dramatisch stellt sich die Lage zumindest in einer Pressemeldung des BLL2, wohlgemerkt Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. dar.

BLL-Hauptgeschäftsführer Christoph MINHOFF sieht „Verbraucherbevormundung der drastischen Art“ (na ja, das klingt ein wenig nach der wenig erfolgreichen Anti-Veggie-Day-Polemik einer ehemaligen Bundestagspartei), und fordert „ jeder erwachsene Bürger [müsse] frei entscheiden können, wie er vernünftig und verantwortungsbewusst mit Genussmitteln umgehe“. Mit der üblichen pseudo-verbraucherbesorgten Rhetorik fordert man „wissenschaftliche Prüfkriterien“, bevor es zu weiteren Verschärfungen für Tabakprodukte kommt, und erkennt eine unklare Studienlage zur Wirkung von Schockbildern auf Verpackungen.

Und, wohl, weil man das selbst für zu durchsichtig hält, kommt die übliche Warnung vor der Gefährdung von Arbeitsplätzen gleich im Anschluss. Praktisch bis zum letzten (Atem)zug – pardon: Tag – bekämpften die Tabak-Lobbyisten die Verschärfung der Tabakproduktrichtlinie – mit Erfolg. An Stelle der geplanten 75 % müssen Verpackungen von Tabakprodukten künftig nur zu 65 % mit Schockbildern und Warnhinweisen bedeckt sein (bisher je nach Land 50–65 %).

Man möchte dem BLL kurz den Blick in die Pressemeldung der Bundesärztekammer empfehlen: „In der EU sterben etwa 700 000 Menschen jährlich durch diverse schwere Krankheiten, die durch das Rauchen verursacht werden. Nicht-Raucher leben durchschnittlich 14 Jahre länger als Raucher. Aber selbst wer noch mit 50 Jahren das Rauchen einstelle, könne sein Leben um sechs Jahre verlängern. Keine andere medizinische Behandlung zeigt ähnliche Wirkungen“3. In Ausgabe 43 des Deutschen Ärzteblatts gehen gleich zwei Beiträge auf den Zusammenhang von Rauchen und Krebs ein. Ein Fazit: Rauchen verschlechtert die Wirksamkeit von Krebstherapien. 4

Achtung, lieber BLL: Wer länger lebt, konsumiert auch Lebensmittel. Vielleicht sollten das die Betriebswirtschaftler des Verbandes einmal durchrechnen!

Udo Maid-Kohnert

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 11/13 auf Seite M656.

1 gesundheit-zahlen-daten-fakten.blogspot.de/2012/04/wie-hoch-liegt-der-raucheranteil-inder.html
2 BLL-Pressemeldung vom 02.10.2013
3 www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=3.71.11025.11689.11692 vom 08.10.2013
4 Deutsches Ärzteblatt 2013, Ausgabe 43

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