Umsetzung der prozessgeleiteten Ernährungsberatung und -therapie in Deutschland – Wie sieht die Praxis aus?

  • 14.12.2022
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  • Maren Peuker
  • Katharina Lachmann
  • Laura Hoffmann
  • Talitha Wiegand
  • Hendrik Siebert
  • Kathrin Kohlenberg-Müller

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Peer-Review-Verfahren / Manuskript (Original) eingereicht: 14. März 2022 / Überarbeitung angenommen: 2. September 2022

Ergebnisse einer deskriptiven Pilotstudie

Einleitung

In Deutschland sind 54 % aller Erwachsenen von Übergewicht und Adipositas betroffen. Damit liegt ein bedeutender Risikofaktor für ernährungsmitbedingte Erkrankungen vor, die das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen stellen [1]. Bei der Prävention und Therapie dieser Erkrankungen kann eine Ernährungsberatung und -therapie (EBT) ansetzen [2].
Um eine hohe Qualität der EBT sicherzustellen, wird die Anwendung eines Prozessmodells empfohlen [2]. Motive dafür sind insbesondere ein standardisiertes Vorgehen, eine Strukturierung der diätetischen Intervention [2], eine gezieltere Vorhersagbarkeit des diätetischen Outcomes sowie eine höhere Transparenz [3]. Ein Nachweis zur Wirksamkeit diätetischer Interventionen wird dadurch möglich [4].

Für die EBT wurden verschiedene Prozessmodelle in Europa und den USA entwickelt [3], darunter der vom Verband der Diätassisten - Deutscher Bundesverband e. V. publizierte German-Nutrition Care Process (G-NCP) [5] und zuletzt der im EU-geförderten Projekt Improvement of Education and Competences in Dietetics (IMPECD) entwickelte Dietetic Care Process (DCP) [6].
Ausbildung und Berufspraxis in der Diätetik und besteht aus fünf Schritten: (1) Diätetisches Assessment mit den Kategorien KlientInnengeschichte/Krankengeschichte, Ernährungsgewohnheiten, Verhalten und Umfeld, Klinischer Status; (2) Diätetische Diagnosestellung; (3) Planung der diätetischen Intervention; (4) Umsetzung der diätetischen Intervention und (5) Diätetische Outcome Evaluation [6, 7] (• Abbildung 1). ...

Abstract

Die vorliegende Studie ist der Frage nachgegangen, inwiefern prozessgeleitetes Arbeiten in Deutschland unter Berücksichtigung der strukturellen Rahmenbedingungen in der Ernährungsberatung und -therapie (EBT) Anwendung findet. Für eine Online-Befragung von Ernährungsfachkräften wurde ein Fragebogen mit 92 Fragen entwickelt. 95 Rückläufe wurden in die Auswertung einbezogen. Geschlossene Fragen wurden quantitativ, offene Fragen qualitativ ausgewertet. Knapp die Hälfte der Teilnehmenden (48,4 %) beschäftigte sich bereits mit prozessgeleitetem Arbeiten. Die vier Kategorien des Diätetischen Assessments werden jeweils von der Mehrheit erhoben: KlientInnengeschichte/ Krankengeschichte 95,8 %, Ernährungsgewohnheiten 94,7 %, Verhalten und Umfeld 92,6 %, Klinischer Status 63,2 %. 83,2 % der Teilnehmenden stellen diätetische Diagnosen, mind. 90 % legen Ziele, Maßnahmen und Monitoring-Parameter fest. 73,3 % geben an, eine Evaluation durchzuführen. Prozessgeleitetes Arbeiten wird derzeit nicht flächendeckend angewendet und sollte weiter gefördert werden. Die Transferforschung kann Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis aufzeigen, woraus passgenaue Lösungsmöglichkeiten abgeleitet werden können.

Schlüsselwörter: Ernährungsberatung, Ernährungstherapie, Prozessmodelle, prozessgeleitetes Arbeiten, Dietetic Care Process



Peer reviewed / Manuscript (original) submitted: 14 March 2022 / Revision accepted: 2 September 2022

Implementing process-guided methods in nutrition counselling and dietetic therapy – What does current practice look like?
Results of a descriptive pilot study

Abstract

This study investigates the extent to which process-guided methods are applied in Germany, taking into consideration the structural context of nutrition counselling and dietetic therapy (NCDT).
A questionnaire with 92 questions was developed to survey nutrition professionals online. 95 responses were included in the evaluation. Closed questions were evaluated quantitatively, and open questions were evaluated qualitatively.
Almost half of the participants (48.4%) had already been using process-guided methods. The majority of respondents collected the data from the four categories of Dietetic Assessment: Client History 95.8%, Diet History 94.7%, Behavioral-Environmental 92.6%, Clinical Status 63.2%. 83.2% of participants made dietetic diagnoses, and at least 90% set goals, measures to be taken and monitoring parameters. 73.3% said they carried out an evaluation.
Process-guided methods are not yet widely applied and should be promoted further. Research on transfer into practice has the potential to identify discrepancies between theory and practice, from which it may be possible to derive tailor-made solutions.

Keywords: nutrition counselling, dietetic therapy, process model, process-guided methods, Dietetic Care Process

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https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/legalcode



Den vollständigen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 12/2022 auf den Seiten M654 bis M661.

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