Editorial 06/09: Durstlöscher oder Trendgetränke, was ist IN?

Dipl. oec. troph.
Heike Recktenwald,
ChefredakteurinKennen Sie noch folgendes Trinkverhalten aus Ihren Kindertagen? Wasser hatte die Funktion des Durstlöschers der ersten Wahl, alternativ wurden – zumindest in meiner Familie – kalte Früchtetees angeboten. Cola oder Limonaden gab es selten, wenn, dann an Feiertagen oder im Restaurant. Der eigene Garten bot ganzjährig eine reiche Vielfalt an Früchten, die wir verzehrten, daher war der Gedanke Säfte zu trinken kaum präsent.

Präsent jedoch war der Reiz nach den seltenen und „nicht gesunden“ Getränken Cola und Limonade. Genau jene seltene Verfügbarkeit machte den Wunsch stärker, diese Getränke häufiger genießen zu können, denn man wollte ja zu den Kindern gehören, die modern waren – Cola und Limo trinken war aus diesen Gründen IN. IN sind Limo und Cola heute immer noch, aber das Bewusstsein ist ein anderes. Die Kinderwünsche, IN und UP TO DATE zu sein, sind sicherlich noch dieselben, aber die Lebenswelt ist eine deutlich vielfältigere. Das Trinkverhalten hat sich gegenüber früher deutlich gewandelt. Softdrinks sind zwar immer noch IN, gehören aber heute zum „normalen“ Getränkeangebot, der Hauch von Exklusivität ist verschwunden.

Wir, die Verbraucher, sind auf der Suche nach mehr und einem Plus, dem Getränkeerlebnis! (siehe S. 360) Wasser ist nicht mehr gleich Wasser. Und dabei geht es nicht um Begriffe wie still oder mit Kohlensäure, sondern um Wasser mit Fruchtsaftanteil, Fruchtaroma mit „moderater Süßung“. Milch ist auch nicht mehr nur Milch, sondern wird in vielen leckeren und kalorienreichen , aber auch „Lite“ Geschmacksvarianten angeboten. (siehe S. 355).

Der Verbraucher ist auf der Suche nach dem „exotischen Kick“. Viele Früchte aus Fernost erfreuen unseren Gaumen in einer Vielzahl von Getränken als Superfruits. Leider macht dieser Trend auch nicht vor der deutschen Bierkultur halt, denn auch Biere werden mit Kirsch- oder sonstigen Geschmacksrichtungen „verfeinert“. Da ich lieber ein „normales“ Weißbier trinke, hat der Gedanke doch etwas Gruseliges für mich. Statt zu frischem Obst greifen wir – weil „praktischer“ – auf Smoothies zurück, die nach der Empfehlung „5 am Tag“ als „eine Portion Obst“ angesehen werden.

Beim Lesen der Trendanalysen der Getränkeindustrie fällt mir die Diskrepanz auf zwischen Expertenwünschen nach einer gesunden, vollwertigen Ernährung und den Realitäten des Getränkeangebotes. Wir sollten uns dieser Trends bzw. dieses Verbraucherverhaltens allerdings sehr bewusst sein, denn sie sind mit der Schlüssel für die Problemfelder Adipositas und Diabetes. Daher beschäftigen wir uns in dieser Ausgabe intensiv mit dem Thema Getränketrends, denn wir wollen nicht nur alle IN sein, sondern auch UP TO DATE, wenn es um die Lebens- und Getränkewelt unserer „Klienten“ geht.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen, 

Ihre

Heike Recktenwald

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