Sensorik: Wichtiges Detail der Fettgeschmackswahrnehmung aufgeklärt

Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung haben in Zusammenarbeit mit Forschern der Technischen Universität München (TUM) erstmals drei fettspaltende Enzyme (Lipasen) im menschlichen Speicheldrüsengewebe der Zunge nachgewiesen. Ihre Existenz beim Menschen war lange Zeit umstritten.

Das Vorhandensein der Enzyme in direkter Nähe zu den Geschmacksknospen sowie sensorische Testergebnisse der neuen Studie sind ein weiteres Indiz dafür, dass Menschen Fette geschmacklich wahrnehmen können. Das Wissenschaftlerteam unter Führung von Maik Behrens vom DIfE publizierte seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift Journal of Lipid Research. Viele Wissenschaftler gehen bislang davon aus, dass sich die menschliche Vorliebe für Fett hauptsächlich auf den Geruchs- und Tastsinn gründet, die auf die im Fett gelösten Aromastoffe und die Beschaffenheit fetthaltiger Nahrung ansprechen.

Ergebnisse von Untersuchungen an Nagern und Menschen sowie der kürzlich von DIfE-Forschern in Geschmacksknospen entdeckte Fettsäurerezeptor GPR120 erhärten jedoch den Verdacht, dass auch der Geschmackssinn an der Wahrnehmung von Fett beteiligt sein könnte und damit die Vorliebe für fettreiches Essen beeinflusst. Jedoch war bislang keine Lipase im Speichel bekannt, die erklären könnte, wie die für die Aktivierung des GPR120 benötigten Fettsäuren aus den Nahrungsfetten freigesetzt werden. Diese Lücke schließt die aktuelle Studie.

Sie zeigt erstens, dass die Von-Ebner-Speicheldrüsen Lipasen herstellen und diese lokal wirkenden Lipasen in der Lage sind, Fettsäuren aus den Nahrungsfetten (Triglyceriden) abzuspalten, die dann vom GPR120-Rezeptor erkannt werden könnten. Zum zweiten belegt die Studie, dass Probanden einen schwächeren Fettgeschmack wahrnehmen, wenn sie Nahrungsfette zusammen mit einem Hemmstoff verkosten, der die Lipaseaktivität verringert. Beide Beobachtungen entkräften zudem ein von Kritikern der „Fettgeschmackstheorie“ angeführtes Argument, dass in Speisen kaum freie Fettsäuren enthalten sind, die einen Fettsäurerezeptor aktivieren und damit einen Fettgeschmack auslösen könnten.

Die Geschmackswahrnehmung spielt für die Nahrungsaufnahme eine wesentliche Rolle. Sie hilft uns dabei zu entscheiden, welche Nahrung dem Körper Energie und lebensnotwendige Bausteine liefert und welche besser gemieden werden sollte. Die Natur hat es dabei so eingerichtet, dass wir Geschmacksvorlieben für die zwei Makronährstoffe Kohlenhydrate und Eiweiße entwickelt haben, wobei wir kohlenhydratreiche Nahrung mit dem Süßgeschmacksrezeptor und eiweißreiche Speisen mit Hilfe des Umamirezeptors erkennen können. Ob Menschen jedoch auch Fett, den dritten und energetisch bedeutsamsten Makronährstoff, schmecken können, ist immer noch umstritten.

Literatur: Voigt N, Stein J, Galindo MM et al. (2014) The role of lipolysis in human orosensory fat perception. J Lipid Res 55:(5) 870–882

Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke vom 13.05.14

Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 06/14 auf Seite M294.

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