Agrarrohstoffe: Spekulationsware, Energielieferant, Nahrung?

Interview mit Klemens van de Sand, Bonn

Trotz der Zunahme der globalen Produktion stiegen die Weltmarktpreise für Grundnahrungsmittel nach einer kurzen Phase der Entspannung ab 2010 wieder an. Wie schon der vorangehende Beitrag von BREUSTEDT und QAIM aufgreift, ist v. a. das Geschäft mit Getreide, Zuckerrohr, Palmöl oder Soja interessant für Spekulanten an den Finanzmärkten oder für die Biospritproduktion. Dr. Klemens VAN DE SAND hat als Vorstandsmitglied der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch die Trendanalyse zur globalen Ernährungssicherung 2011 erstellt und zeigt im Interview die neusten Entwicklungen im Agrarrohstoffmarkt auf.

Herr Dr. VAN DE SAND, welche langfristigen Faktoren spielen für die Produktion und den Verbrauch von Grundnahrungsmitteln eine Rolle?

VAN DE SAND: Die wachsende Weltbevölkerung wirkt sich naturgemäß auf die Nachfrage und den Verbrauch von Grundnahrungsmitteln aus. Obwohl die Zuwachsrate rückläufig ist, schätzt man, dass die Erde 2050 9–10 Mrd. Menschen (heute 7 Mrd. Menschen) ernähren muss. Weiterhin ändern sich durch den steigenden Wohlstand, v. a. in den großen Schwellenländern China und Indien, die Ernährungsgewohnheiten der Menschen.

Der Konsum von Fleisch (aber auch von Milchprodukten sowie Obst) nahm in den letzten fünf Jahren weltweit um 10 % zu. Überraschenderweise flachte die Zuwachsrate beim Verbrauch von Schweinefleisch, der am meisten verzehrten Fleischsorte, ab. Erklärbar ist dieser Verlauf durch den leichten Rückgang des Schweinefleischverbrauchs in den USA und in Europa und durch den verhaltenen Anstieg des Verbrauchs im größten Verbraucherland China. Der Verbrauch von Rindfleisch ist seit 2009 weltweit fast konstant, in der EU, den USA und erstaunlicherweise auch in China sogar leicht rückläufig – vermutlich, weil in der Wirtschaftskrise nicht wenigen Verbrauchern Rindfleisch zu teuer erscheint.

Der Konsum von Geflügelfleisch hingegen hat besonders in China und Indien, aber auch in der EU (anders als in den USA, wo er konstant war) stark zugenommen, denn Geflügel ist vergleichsweise preiswert. Hinzu kommt, dass in Indien aus religiöskulturellen Gründen wenig Rind- und Schweinefleisch verzehrt wird und die wachsende und kaufkräftigere Mittelschicht dort wie in China mehr Fleisch sowie auch Milchprodukte und Obst kauft.

Je mehr Fleisch produziert wird, desto mehr Getreide (und Soja) wird als Viehfutter genutzt – und desto weniger steht natürlich für die direkte menschliche Ernährung zur Verfügung. Der Anstieg des Getreideverbrauchs zur Tierfütterung war in den letzten sechs Jahren wegen der Verlagerung auf den Geflügelkonsum nur noch gering. Für die Erzeugung von 1 kg Hühnerfleisch (im Produktionssystem der USA) werden nur 2,6 kg Getreide, für Schweineund Rindfleisch hingegen 6,5 kg bzw. 7 kg Getreide eingesetzt.

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 08/12 von Seite 458 bis 462.

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