Steuerexperiment in Norwegen: Was passiert, wenn Süßes teurer wird und Gemüse günstiger?

Lebensmittel sind in Norwegen seit 2001 mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 14% statt der sonst üblichen 25 % besteuert. Auch ungesunde Lebensmittel wie Softdrinks werden mit dem ermäßigten Steuersatz subventioniert.

Kyrre RICKERTSEN vom Norwegischen Forschungsinstitut für Agrarökonomie NILF analysierte jetzt, was eine Veränderung der Steuersätze im Kaufverhalten der Norweger bewirken würde. Demnach veränderte sich das Kaufverhalten und auch das Körpergewicht der Norweger, wenn die Mehrwertsteuer für Obst, Gemüse und Fisch wegfällt und dafür die Steuern für Süßwaren, Eis und Softdrinks auf 25 % erhöht werden. Haushalte mit einem hohen Softdrinkkonsum würden 10 l weniger Softdrinks im Jahr kaufen. Das entspricht rechnerisch einer Gewichtsreduktion von etwa 0,5 kg im Jahr.

Ähnlich sieht es bei Süßwaren aus. Der Wegfall der Mehrwertsteuer bei Gemüse hingegen würde die Verbraucher dazu motivieren, zwischen 1–4 kg mehr Gemüse im Jahr zu kaufen. Bei Obst sind diese Effekte geringer. Die Datengrundlage für das Modell sind die Ausgaben von 25 000 norwegischen Haushalten aus dem Jahr 2005. Während Wissenschaft und Politik noch diskutieren, hat eine norwegische Supermarktkette bereits den Praxistest gemacht. 2007 wurde den Kunden bei Obst und Gemüse die Mehrwertsteuer von 14 % erlassen. Nach drei Monaten verzeichnete die Supermarktkette in ihren Filialen eine Erhöhung des Obst- und Gemüseverkaufs um 23 %.

Allerdings ist nicht klar, inwieweit diese Umsatzzuwächse zu Lasten anderer Supermärkte gingen. Verschiedene norwegische Organisationen setzen sich nun für Veränderungen der Lebensmittelbesteuerung ein. Im Oktober 2010 forderte auch das Gesundheitsministerium, gesunde Lebensmittel sollten günstiger werden, z. B. durch eine stärkere Subventionierung. Ganz kostenneutral wäre dies allerdings nicht. Mit dem Modell von RICKERTSEN würden dem norwegischen Staat etwa 150 Mio. € Steuereinnahmen entgehen.
Quelle: aid Infodienst, Meldung vom 10.11.2010

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 12/10 ab Seite 642.

Das könnte Sie interessieren
Sternchensuppe weiter
Die Rolle der Ernährungstherapie in der Behandlung von Essstörungen weiter
30 Jahre Diätassistenten-Gesetz: VDD fordert „Novellierung jetzt!“ weiter
Verbände fordern verstärkte Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen zur Steigerung der... weiter
61. Wissenschaftlicher Kongress der DGE weiter
Pflanzliche Speisefette und -öle weiter