Neue Forschungsergebnisse: Genvariante beeinflusst Cholesterinspiegel

Weshalb haben manche Menschen einen zu hohen Cholesterinspiegel und erleiden einen Herzinfarkt, während andere offenbar geschützt sind? Forscher in Dänemark und Deutschland haben darauf jetzt eine Antwort gefunden: „Schuld“ ist ein Gen. Es tritt in verschiedenen Varianten auf – eine Variante des Gens schützt, die andere nicht.

Forscher um Prof. Anders NYKJAER von der Universität Aarhus, Dänemark, sowie Prof. Thomas WILLNOW vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin konnten zeigen, dass das fragliche Gen bestimmt, wieviel Cholesterin die Leber ins Blut freisetzt. Bei dem Gen handelt es sich um SORT1, das die Forschungsgruppe von Prof. WILLNOW bereits im Zusammenhang mit neurologischen Erkrankungen erforscht.

Dass dieses Gen auch eine Rolle im Bereich der Herzkreislauferkrankungen spielt, ergaben genomweite Assoziationsstudien. Dabei schauen Genetiker, ob zwischen gewöhnlichen genetischen Varianten im menschlichen Erbgut und bestimmten Erkrankungen eine Verbindung besteht. In diesem Fall interessierte Forscher, ob zwischen einem zu hohen Cholesterinspiegel und genetischen Varianten einzelner Personen Zusammenhänge bestehen.

In groß angelegten internationalen Genomstudien war vor kurzem eine bestimmte Region auf dem menschlichen Chromosom 1 identifiziert worden, welche einen hohen Cholesterinspiegel verursacht. Die Funktion dieser Genregion auf Chromosom 1 konnten die Forscher in Aarhus und Berlin jetzt mit Hilfe von Mäusen klären. Sie hatten in diesen Mäusen das Gen für das Protein SORT1 gezielt ausgeschaltet. Die Mäuse hatten trotz fettreicher Ernährung 20 % weniger Cholesterin im Blut, als Mäuse mit SORT1. Weitere Untersuchungen zeigten, dass SORT1 für eine effiziente Cholesterinfreisetzung der Leber sorgt. Das bedeutet, Personen mit einer aktiven SORT1-Genvariante schütten viel Cholesterin ins Blut aus und haben damit ein höheres Risiko einen Herzinfarkt zu erleiden. Menschen dagegen, welche eine weniger aktive Genvariante tragen, schütten weniger Cholesterin aus – und sind geschützt.

Der Körper benötigt Cholesterin unter anderem zum Aufbau von Zellmembranen oder als Baustein für Hormone. Cholesterin wird vom Körper selbst gebildet oder über die Nahrung aufgenommen. Es wird zunächst in der Leber gespeichert und bei Bedarf ins Blut abgegeben. Überschüssiges Cholesterin muss die Leber wieder zurücknehmen, damit es nicht die Blutgefäße verstopft (Arteriosklerose). Wer einen zu hohen Cholesterinspiegel hat, läuft Gefahr einen Herzinfarkt zu erleiden, wenn er nicht mit einer entsprechenden Diät und Medikamenten gegensteuert.

Nach Ansicht der Forscher könnte das SORT1-Gen einen Angriffspunkt für neue Medikamente bieten, um die Freisetzung von „schlechtem“ Cholesterin aus der Leber ins Blut zu blockieren. Die Forscher betonen aber, dass das Risiko für Herzkreislaufrisiken noch von weiteren Faktoren beeinflusst wird. Auch Menschen mit der „gesunden Genvariante“ können einen hohen Cholesterinspiegel bekommen, wenn z. B. ungesunde Ernährung oder Übergewicht im Spiel sind.
Literatur: Kjolby M, Andersen OM, Breiderhoff T et al. (2010) Sort1, Encoded by the Cardiovascular Risk Locus 1p13.3, Is a Regulator of Hepatic Lipoprotein Export. Cell Metabolism 12: 213–223.
Quelle: Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)

Den Artikel finden Sie in Ernährungs Umschau 10/10 auf Seite 519.

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