Influecerin sitzt vor einer Kamera und präsentiert Nahrungsergänzungsmitteln in der Dose.
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Online News: Fehl- und Desinformation zu Nahrungsergänzungsmitteln in sozialen Medien

  • 12.11.2025
  • News
  • Redaktion

In sozialen Medien finden sich zahlreiche Beiträge zu Nahrungsergänzungsmitteln – oft ohne wissenschaftliche Grundlage und mit kommerziellem Hintergrund. Der Beitrag fasst die Datenlage zu diesen Inhalten zusammen, benennt Risiken und Chancen aus der Perspektive des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und formuliert konkrete Handlungsempfehlungen.

Das Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) ist für viele Verbraucher*innen unüberschaubar. Aus Sicht des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ist insbesondere das Informationsangebot zu NEM in den sozialen Medien problematisch. Die dort verbreiteten Inhalte sind häufig ökonomisch motiviert, stammen von Influencer*innen ohne fachliche Qualifikation und enthalten zahlreiche Fehl- und Desinformationen. Zugleich werden soziale Medien von vielen Menschen als wichtige Quelle für Gesundheitsinformationen genutzt – häufig ohne ausreichende Gesundheitskompetenz, um die Qualität der Inhalte kritisch einordnen zu können.

Die Verbreitung von Fehl- und Desinformationen folgt dabei den plattformspezifischen Logiken sozialer Medien: Emotional aufgeladene oder provokante Inhalte erzeugen überdurchschnittlich viele Interaktionen und werden durch algorithmische Mechanismen bevorzugt angezeigt. Kontroverse Aussagen erzielen dabei eine besonders hohe Reichweite. Die daraus entstehende Dynamik begünstigt die Verbreitung falscher Gesundheitsversprechen – etwa zu „Detox“- oder „Beauty“-Produkten.

Influencer*innen spielen hierbei eine zentrale Rolle. Ihre Inhalte genießen ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit, welche insbesondere mit der Zahl der Follower*innen, der Likes und der Shares zunimmt. Eine große Rolle spielen zudem parasoziale Beziehungen, die Influencer*innen zu ihren Follower*innen aufbauen. Darunter wird in diesem Kontext eine einseitige emotionale und soziale Verbindung verstanden, die Mediennutzer*innen zu medialen Persönlichkeiten aufbauen. Die geteilten Produktempfehlungen und Informationen werden als sehr glaubwürdig eingestuft und kaum kritisch hinterfragt. Das betrifft auch Empfehlungen und Bewertungen von NEM.

In Untersuchungen konnte zudem gezeigt werden, dass NEM-bezogene Inhalte im Vergleich zu anderen gesundheitsbezogenen Themenfeldern besonders häufig mit werblicher Kommunikation verknüpft sind. Problematisch ist dabei die häufig unzureichende Kennzeichnung von Werbung.

Eine häufige Form NEM-bezogener Fehl- bzw. Desinformation besteht darin, dass wesentliche Angaben zu Inhaltsstoffen, Mengenangaben sowie erforderliche Warnhinweise fehlen. Stattdessen werden NEM oftmals wissenschaftlich nicht belegte gesundheitsbezogene Effekte zugeschrieben, die gesundheitliche Risiken nach sich ziehen können, etwa durch Vernachlässigung bzw. Abbruch wirksamer medizinischer Therapien zugunsten unwirksamer NEM.

Gleichzeitig bieten soziale Medien im Kontext gesundheits- und NEM-bezogener Informationen auch Chancen: Sie können als effektive Kommunikationskanäle für evidenzbasierte Aufklärung genutzt werden und zur Förderung der Gesundheitskompetenz beitragen.

Die Autor*innen formulieren daher Handlungsempfehlungen, die dazu dienen sollen, die Verbreitung von NEM-bezogenen Fehl- und Desinformationen einzudämmen und gleichzeitig die gesundheitsförderlichen Potenziale der sozialen Medien zu nutzen. So sollten öffentliche Einrichtungen, Fachgesellschaften und qualifizierte Expert*innen ihre Social-Media-Aktivitäten ausbauen – mit stärker zielgruppenorientierten, emotional ansprechenden und dialogorientierten Formaten.

Empfohlen werden zudem Kooperationen mit seriösen Influencer*innen, die Etablierung eines Qualitätssiegels für fachlich korrekte Gesundheitskommunikation sowie der Aufbau unabhängiger Fact-Checking-Strukturen. Eine personelle und strukturelle Stärkung der Lebensmittelüberwachung und des Verbraucherschutzes wird als erforderlich angesehen, um gegen unzulässige Werbeaussagen und Verstöße gegen die Health-Claims-Verordnung wirksam vorgehen zu können.



Quelle: Gauch E.C., Smollich M.: Fehl- und Desinformation zu Nahrungsergänzungsmitteln in den sozialen Medien: Risiken begrenzen, Chancen nutzen, Strukturen gestalten. Bundesgesundheitsbl (2025). DOI: 10.1007/s00103-025-04138-x

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