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Elektronenmikroskopische Aufnahme von Yersinia pseudotuberculosis. © HZI/Manfred Rohde

Krankmachende Darmbakterien: Studie klärt über Yersinien-Infektion auf

  • 18.01.2017
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  • Redaktion

Schwere Magen-Darm-Infektionen lösen akute Beschwerden wie starke Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen aus. Meist liegt eine Infektion mit Viren oder Bakterien wie etwa Yersinien vor. Wissenschaftler haben nun eine Transkriptomstudie des Erregers durchgeführt, um seine effektiven Infektionsstrategien zu identifizieren.

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Prof. Petra Dersch vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. © HZI/János Krüger

Fast jeder Mensch infiziert sich im Laufe seines Lebens mit Yersinien, die schwere Darminfektionen mit Entzündungen der Lymphknoten im Bereich des Darmes auslösen können. Die stäbchenförmigen Stuhlbakterien kommen in zahlreichen Säugern vor und werden hauptsächlich über kontaminierte Lebensmittel von Tieren auf den Menschen übertragen.

Um ihren Wirt zu infizieren, nutzen Yersinien verschiedene Strategien. Sie passen etwa ihren Stoffwechsel schnell an, konkurrieren um essenzielle Metallionen oder injizieren Gifte, die die Wirtszellen schädigen. Um den Darm zu besiedeln, müssen Yersinia-Bakterien zunächst an die Oberfläche der Darmschleimhaut binden.  Sie passieren diese, um in tieferliegende Gewebe einzudringen und zu den Organen zu gelangen. Der infizierte Organismus antwortet darauf mit einer starken Immunabwehr und versucht, die Erreger mit einem Netz aus Fibrinfasern an der Ausbreitung zu hindern.

Überlebensvorteil im Wirtsgewebe

Die Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig untersuchten auf Einzelzellebene den Infektionsprozess der Darmbakterien in einem systembiologischen Ansatz. Sie konnten zeigen, dass sich Yersinien durch Ausbildung einer heterogenen Population einen Überlebensvorteil im Wirtsgewebe verschaffen.

Durch genetische Regelkreise entstehen spontan voradaptierte Bakterien, die eine neue Situation im Wirt möglicherweise besser überleben können. Ein genaueres Verständnis der Wirt-Pathogen-Interaktionen wird es zukünftig erleichtern, potenzielle Ansatzpunkte für neue Medikamente zu identifizieren.

Immunantwort ohne Chance

Für die Studie wurde mit Yersinien infiziertes lymphatisches Gewebe von Mäusen untersucht, welches eng mit dem Darm assoziiert ist. Typisch für Yersinien ist eine Infektion, die zuerst die Lymphknoten befällt. Es konnte nachweisen werden, dass der Wirt auf die frühe Infektion mit Yersinien mit einer massiven Einwanderung von Abwehrzellen, den sogenannten Neutrophilen, reagiert. Außerdem versuche der Wirt, mit der Produktion bestimmter Gerinnungsfaktoren den eindringenden Keim bei der Ausbreitung im Gewebe zu behindern und ihn zu immobilisieren.

In der Studie konnten die Wissenschaftler außerdem zeigen, dass kleine regulatorische RNA-Moleküle bei der Infektion eine wichtige Rolle spielen. Dies ist eine wichtige Strategie der Bakterien, weil sie damit bestimmte Stoffwechselprozesse anpassen, um neue Nahrungsquellen schnell zu erschließen – sozusagen eine evolutionäre Anpassung der Bakterien an den Wirt. Denn sie konkurrieren unter anderem mit dem Wirt um bestimmte Metallionen wie Eisen, Mangan oder Zink. Sowohl die Bakterien als auch die Wirtszellen verfügen über spezielle eisenbindende Moleküle, mit denen sie sich gegenseitig das Eisen entziehen und so für das eigene Überleben sichern.

Laut Prof. Petra Dersch, Leiterin der Abteilung „Molekulare Infektionsbiologie“, kann der Wirt trotz seiner starken Immunantwort den Kampf gegen die bakterielle Infektion letztendlich nicht gewinnen. „Die Bakterien injizieren starke Gifte in die Wirtszellen, sogenannte Effektoren, die die Zellen töten", so Dersch.



Weitere Informationen zu dieser Untersuchung gibt es auf den Seiten des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung.

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