Intensivpatienten – Unzureichende Nährstoffzufuhr steigert Sterblichkeitsrate

  • 23.10.2009
  • News
  • Redaktion

Der Ernährungszustand von Patienten ist einer der bestimmenden Faktoren für Krankheitsverlauf und Prognose. Leider findet eine ausreichende Ernährung in der Intensivmedizin noch immer zu wenig Beachtung. Grundsätzlich gilt, dass bei Intensivpatienten nach einer Operation frühestmöglich mit der Ernährung begonnen werden muss.

„Ein Großteil der Patienten erhält im Krankenhaus weniger an Nährstoffen, als notwendig ist, nämlich nur 50–70 % der empfohlenen Zufuhr,“ sagte Prof. Wilfred DRUML, Universitätsklinik für Innere Medizin, Wien. Diese unzureichende Nährstoffzufuhr fördere die Entstehung von Komplikationen und steigere die Sterblichkeitsrate um das bis zu Achtfache. Diese Situation ist auch auf Intensivstationen nicht besser, obwohl dort durch die großzügigere Personalausstattung die Betreuung engmaschiger erfolgen kann.

Rechtzeitig begonnene, qualitativ ausreichend und quantitativ optimal zusammengesetzte Ernährung sind entscheidende Faktoren für einen komplikationslosen Krankheitsverlauf und die Verbesserung der Prognose. Die frühe enterale (über den Magen-Darm-Trakt) Ernährung gilt heute daher für Intensivpatienten in den Richtlinien aller nationalen und internationalen Ernährungsgesellschaften als eine 1A-Empfehlung.

Der Zeitpunkt des Ernährungsbeginns ist für Intensivpatienten entscheidend. Dies gilt nicht nur für enterale, sondern ebenso für parenterale (durch Infusionen) Ernährung. So sollte innerhalb der ersten 24 Stunden nach Stabilisierung der Vitalfunktionen mit der Ernährung der Intensivpatienten begonnen werden. Ist diese Ernährung nicht in qualitativ ausreichendem Maß über den Magen-Darm-Trakt möglich, so sollte man ergänzend oder im Einzelfall auch total auf eine Ernährung per Infusionen umschwenken.

Leider wird die Frist von 24 Stunden nur selten eingehalten. Wie eine kürzlich publizierte Studie zeigt, wird bei Beatmungspatienten oft erst nach 48 Stunden mit der Ernährung begonnen. Andere Studien zeigen, dass ein verspäteter Ernährungsbeginn und eine zu geringe Nährstoffzufuhr das Risiko für das Auftreten von Infektionen und das Entstehen von Komplikationen wie Sepsis, Dekubitus, Nierenversagen, etc. erhöht.

Auch nach gastrointestinalen chirurgischen Eingriffen konnte gezeigt werden, dass eine frühe enterale Ernährung die Wundheilung nicht beeinträchtigt. Ganz im Gegenteil, eine frühe enterale Ernährung führt zu einer besseren Wundheilung, zu weniger Abszessen im Bauchraum und zu insgesamt weniger Infektionen. Vielfach wird mit der Ernährungstherapie erst spät begonnen, weil befürchtet wird, dass eine Lungenentzündung auftreten kann. Ein entscheidender Faktor ist hier die aufrechte Lagerung des Patienten zur Vermeidung dieser Komplikation.

Die Arbeitsgemeinschaft Klinische Ernährung (AKE, Österreich) empfiehlt einen Ernährungsbeginn nach zwölf bis maximal 24 Stunden nach Aufnahme eines Patienten. Je schwerer krank ein Patient ist, desto eher profitiert er von einer Ernährungstherapie.
Leider ist es an vielen Intensivstationen noch immer anders: je schwerer krank ein Intensivpatient ist, desto später, quantitativ unzureichender und unvollständiger (schlechter zusammengesetzt) ist die vorgenommene Ernährungstherapie. Parenterale Nährlösungen sind noch immer vielfach unvollständig und ungünstig zusammengesetzt. Hier muss ein grundsätzliches Umdenken stattfinden, so Prof. DRUML. Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin, Oktober 2009 (23.10.09)

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