Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik: Neue Strategien zur Senkung des Salzgehalts in Brot und Backwaren

Als Risikofaktor für Bluthochdruck und damit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollte die Kochsalzzufuhr der westlichen Bevölkerung, die derzeit bei ca. 6–11 g/Tag liegt, laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf höchstens 5 g Kochsalz/Tag reduziert werden. Strategien zur Kochsalzreduktion in Getreideprodukten beruhen bisher auf einem partiellen Ersatz, da der vollständige Ausschluss von Kochsalz aufgrund seiner Funktion als Geschmacksstoff, Konservierungs- und Hilfsmittel zur Verbesserung der Textureigenschaften meist nicht möglich ist.

Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) und der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie (DFA) entwickelten kürzlich zwei neue Strategien, die den Salzgehalt in Brot und Backwaren um jeweils 25 % reduzieren, ohne dass Ersatzstoffe benötigt werden. Scherf et al. [1] entwickelten ein Brot mit einer inhomogenen Natriumverteilung, indem zu einem Grundteig mit geringem NaCl-Anteil (0,25 %) erst 30 s vor Ende der Knetzeit grobkörniges Salz (1,25 % NaCl) hinzugegeben wurde. Durch die späte Hinzugabe blieb das Salz größtenteils in Kristallform und räumlich inhomogen verteilt in der Brotkrume erhalten, sodass Stellen mit einer höheren Natriumkonzentration im Vergleich zur umgebenden Krume entstanden. Die Salzigkeit des inhomogenen Brotes wurde im Vergleich zu einem homogenen Referenzbrot bei gleichem Salzgehalt (1,5 %) vom Untersuchungspanel als signifikant stärker empfunden. Dies ließ sich in einem Kaumodell auf die deutlich schnellere Natriumfreisetzung bei inhomogener Natriumverteilung zurückführen. Weitere sensorische Untersuchungen ergaben, dass sich der Salzgehalt durch die inhomogene Verteilung um bis zu 25 % reduzieren lässt – bei voll erhaltener Salzigkeit.

Die zweite Strategie konzentrierte sich auf die Brotkrumentextur. Hierzu variierten Scherf et al. die Gärzeiten für die Hefe bei konstantem Salzgehalt (1,5 %). Ein Brot wurde ohne Gärzeit gebacken, um eine feinporige und dichte Krumenstruktur zu erzielen. Ein weiteres Brot erhielt durch eine verlängerte Gärzeit (210 Min.) eine grobporige Textur. Trotz des durch die luftige Krumenstruktur bedingten niedrigeren Probengewichts und der damit einhergehenden geringeren absoluten Natriummenge, wurde das Brot mit längerer Gärzeit vom Panel als signifikant salziger empfunden. Zwar ließ sich dies in der Kauuntersuchung nicht auf zeitliche Differenzen bei der Natriumfreisetzung zurückführen – dennoch lässt sich die intensivere Salzwahrnehmung auch hier vorteilhaft für eine Senkung des Kochsalzgehaltes um bis zu 25 % nutzen.

Dr. Katharina Scherf wurde für ihre an der TUM entstandene Dissertation zur Kochsalzreduktion in Lebensmitteln mit dem wissenschaftlichen Förderpreis 2015 des Verbands Deutscher Großbäckereien e. V. (VDG) ausgezeichnet.

Literatur:
1. Scherf KA, Pflaum T, Köhler P et al. (2015) Optimierung der Textur erlaubt eine Senkung des Salzgehalts um ein Viertel. Dtsch Lebensmitt Rundsch 111: 306–312



Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 11/15 auf Seite M616.

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