Tierische Lebensmittel: Zweinutzungshuhn - Chancen und Grenzen

Hühnerrassen legen gut, andere liefern gutes Fleisch. Intensive Züchtung hat diese Trennung noch verstärkt. Die Folge: Männliche Küken von Legehennen werden bereits am ersten Lebenstag getötet (48 Mio. im vergangenen Jahr) – sie legen keine Eier und haben zu wenig Fleisch für die Mast. Ein Ausweg aus dieser oft kriti­sierten Praxis könnte das Zwei­nutzungshuhn sein: Eine Hüh­nerrasse, bei der die Hennen Eier legen und die Hähne als Mast­hähnchen Verwendung finden.

Prof. Dr. Michael GRASHORN von der Universität Hohen­heim geht davon aus, dass die Debatte um die männlichen Küken die Branche verändern wird. Dabei sieht er aber auch die Verbraucher in der Pflicht: „Man könnte die männlichen Küken aufziehen und mästen“. Aber: „Die Hähne dieser Rassen wachsen langsamer, das kos­tet mehr“. Außerdem schme­cke das Fleisch „anders als das gewohnte Broiler-Schnitzel“. Kurz: „Der Großteil der Kon­sumenten will dieses Produkt nicht und ist auch nicht bereit, dafür mehr zu bezahlen.“ Al­ternativen zur Praxis, männ­liche Küken von Legerassen zu töten, sind zum einen die Geschlechtserkennung im Ei. Ein Laser bohrt ein Loch in die Schale des 3–4 Tage bebrüteten Eies. Durch die Lichtstreuung an den Blutzellen lässt sich das Geschlecht ablesen, die „männ­lichen Eier“ werden aussortiert. Ende 2016 soll ein Prototyp fer­tig sein. Zum anderen gibt es so genannte „Zweinutzungshüh­ner“, bei denen Hühnerrassen sowohl Eier produzieren als auch gutes Fleisch ansetzen. Die dritte Möglichkeit ist die beschriebene Bruderhahn-Auf­zucht.

Alle Alternativen haben Vor-und Nachteile, so Prof. GRASHORN. Wahrscheinlich wer­den alle parallel bestehen: „Vor allem Großbetriebe werden eher auf die Geschlechtserkennung im Ei setzen.“ Für kleinere und Öko-Betriebe könnte bspw. ein mobiler Hühnerstall als weite­res Standbein einen Hofladen ergänzen, aber auch kleinere Supermarktketten mit ethisch und regional produzierten Le­bensmitteln könnten Abnehmer sein.

Offene Fragen und Forschungs­bedarf gibt es u. a. noch in die­sen Bereichen:

  • Rassen: Es gibt alte Rassen mit entsprechendem Poten­zial. Die Legeleistung liegt bei 2/3 moderner Hybrid-Lege­hennen1.
  • Umweltaspekte: Zweinut­zungshühner wachsen lang­samer, verursachen mehr Emissionen und brauchen mehr Fläche und Futter.
  • Fleischqualität: Bruderhähne sind vergleichsweise klein und knochig und auch Zwei­nutzungshühner setzen nicht so viel Fleisch an wie reine Fleischrassen. Hier muss auf Zucht und aufgeschlossene Verbraucher gesetzt werden.
  • Kundenverhalten: Hierzu konstatiert Grashorn: „Einer­seits fordern die Kunden mehr Tiergerechtheit, andererseits günstige Produkte und hohe Qualität. Wer mehr Tierwohl will, muss aber auch mehr bezahlen.“

Quelle: Universität Hohenheim,Pressemeldung vom 14.06.2016

1Quelle: Das Zweinutzungshuhn.Eier und Fleisch. URL: http://www.zweinutzungshuhn.de Zugriff: 28.07.16



Diesen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 08/16 auf Seite M442.

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