Künstliche Intelligenz: Krankheitsverlauf bei Magersucht deuten

Anorexia Nervosa ist eine Essstörung, die durch drastischen Gewichtsverlust und ein verzerrtes Selbstbild gekennzeichnet ist. In einer Studie des Zentrums für Essstörungen an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden haben Mediziner*innen gezeigt, dass auch noch bei gewichtsrehabilitierten Patient*innen dauerhafte strukturelle Gehirnveränderungen bestehen [1].

Das Forschungsteam hat auf der Basis von MRT-Daten mittels künstlicher Intelligenz (KI) Vorhersagen zum Krankheitsverlauf der Magersucht auf Basis von Hirnveränderungen gemacht und konnte somit den Einfluss des Untergewichts auf die graue Hirnsubstanz in unterschiedlichen Stadien der Erkrankung und Therapie differenziert betrachten. „Dies eröffnet die Chance, die Möglichkeiten der KI um Therapieverläufe und -anwendungen individuell auf die jeweilige Patientin anzupassen“, sagt Zentrumsleiter Prof. Stefan Ehrlich. Durch den Vergleich von gesunden Personen mit Anorexia-Nervosa-Patient*innen in verschiedenen Stadien ihrer Erkrankung konnten zugrunde liegende strukturelle Unterschiede erkannt werden, die bei den Erkrankten sogar nach der Wiederherstellung des Körpergewichts bestehen bleiben können. Die KI-Modelle ermöglichen eine signifikante Klassifizierung von Betroffenen sowohl im untergewichtigen Zustand als auch nach Gewichtszunahme am Ende einer stationären Behandlung. Die Veränderungen wurden in Hirnregionen mit hoher funktioneller Vernetzung beobachtet und konnten nicht allein durch den BMI erklärt werden. Daraus schließen die Forschenden, dass es auch einen Zusammenhang zur individuellen Therapie, dem Therapieerfolg und der Nachsorge gibt. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Verständnis dieser anhaltenden multivariaten Gehirnstrukturveränderungen dazu beitragen könnte, personalisierte Interventionen für Patient*innen nach ihrer Entlassung zu entwickeln. Durch den Einsatz der KI haben wir die Chance, therapeutische Maßnahmen individuell anzupassen“, so Ehrlich.
Die Hirnveränderungen waren besonders auffällig bei Patient*innen, die nach einem Jahr rückfällig oder in einem schlechten Gesundheitszustand waren. Erfreulicherweise wiesen diejenigen, die ihr Gewicht langfristig stabil wiederhergestellt hatten, diese Veränderungen nicht auf. Das Erkennen dieser Veränderungen könnte ein entscheidender Schritt bei der Entwicklung wirksamerer Nachbehandlungsstrategien für anorektische Patient*innen sein.

Literatur
1. Arold D, Bernardoni F, Geisler D, et al.: Predicting long-term outcome in anorexia nervosa: a machine learning analysis of brain structure at different stages of weight recovery. Psychol Med 2023.

Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Pressemeldung vom 14.08.2023



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 1/2024 auf den Seiten M6.

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