Arbeitskreis Folsäure und Gesundheit: Konsensuspapier zur präventiven Bedeutung von Folsäure/Folat1

Ein stärkeres Bewusstsein für die immer noch unzureichende Folatversorgung in Deutschland fordert der Arbeitskreis Folsäure und Gesundheit (AKF) in seinem neuen Konsensuspapier „Folatstatus und Gesundheit“ [1], erschienen im Journal of Perinatal Medicine. „Wir brauchen politisches Engagement, um die Folatversorgung der Bevölkerung und auch das Wissen darüber zu verbessern“, sagt der Sprecher des Arbeitskreises, Prof. Dr. Berthold Koletzko. Die Autoren um Prof. Dr. Rima Obeid bewerten die gesundheitlichen Vorteile von Folat insbesondere rund um die Schwangerschaft und appellieren, auch in Europa Grundnahrungsmittel mit Folsäure anzureichern.

Das Konsensuspapier verweist auf Länder wie die USA oder Kanada, in denen Grundnahrungsmittel wie Mehl verpfichtend mit Folsäure angereichert werden. „Dadurch sank dort die Häufigkeit von angeborenen Neuralrohrdefekten um mehr als die Hälfte“, sagt Obeid. Aber auch die gesamte Bevölkerung habe durch einen verbesserten Folatstatus von der Maßnahme profitieren können: So sei bspw. der durchschnittliche Blutspiegel von Homozystein, einem möglicherweise gefäßschädigenden Stoffwechselprodukt, und auch die Häufigkeit von Schlaganfällen gesunken.

Die Anreicherungsprogramme haben sich Obeid zufolge als sichere und wirksame Präventionsoption bewährt: „Lediglich durch die Empfehlung, mehr Obst, Gemüse und Vollkorn zu verzehren, lässt sich eine Reduktion der Schwangerschaften mit Neuralrohrdefekten nicht erzielen, so lange der Blut-Folatspiegel nicht im optimalen Bereich liegt.“ Jährlich treten ca. 700–1 000 Fälle von Neuralrohrdefekten in Deutschland auf. Politischen Handlungsbedarf sehen die Experten daher nicht nur bei der Aufklärung junger Frauen, sondern auch bei der aktiven Unterstützung einer angemessen dosierten Folsäureanreicherung geeigneter Grundnahrungsmittel und einer Beobachtung der damit erzielten Effekte.

=> Hampshire et al. haben die Einnahme von Folsäure und Jodid bei Frauen mit türkischem Migrationshintergrund vor und während der Schwangerschaft evaluiert; den Beitrag finden Sie ab S. M78 in diesem Heft.

1 Folat(e): Sammelbegriff für verschiedene folatwirksame Verbindungen in Lebensmitteln. Folsäure: Vitaminform, die in Supplementen enthalten ist und zur Anreicherung von Lebensmitteln verwendet wird.

Literatur:
1. Obeid R, Oexle K, Rißmann A et al. (2015) Folate status and health: challenges and opportunities. J Perinat Med [DOI: 10.1515/jpm-2014-0346] 

Quelle: Arbeitskreis Folsäure & Gesundheit, Pressemeldung vom 27.11.2015



Frauen sollten ab Kinderwunsch ein Nahrungsergänzungsmittel mit Folsäure (mindestens 400 μg/Tag) einnehmen, auf eine folatreiche Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten achten und mit Folsäure angereicherte Grundnahrungsmittel im Haushalt nutzen (z. B. Speisesalze, Backmischungen oder Frühstücksflocken).



Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 02/16 auf Seite M68.

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