„Fleischatlas Deutschland Regional 2016“: Höfesterben setzt sich fort

Die Heinrich-Böll-Stiftung und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) haben am 13. Januar 2016 in Berlin den „Fleischatlas Deutschland Regional 2016“ mit Daten zu Fleischproduktion und -konsum in den 16 Bundesländern veröffentlicht. Demnach konzentriert sich die Produktion von Fleisch auf immer weniger Betriebe, zugleich setzt sich das Höfesterben fort.

Barbara Unmüssig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, sagte anlässlich der Präsentation des Atlas: „In den letzten 15 Jahren mussten bis zu 80 % der Betriebe bzw. Bauernhöfe die Tierhaltung aufgeben, während gleichzeitig bundesweit bis zu 50 % mehr Fleisch produziert wird.“ Massiv seien das Höfesterben, Konzentrationsprozesse und die zunehmende Industrialisierung v. a. in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen in der Rinder- und Schweinezucht. Doch auch in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg nehme die absolute Zahl der Schweine- und Hühnerhaltungen ab, die bestehenden Betriebe würden dabei immer größer. „Wenn bei steigenden Produktionsmengen in Bayern fast 30 000 Betriebe und in Niedersachsen mehr als 13 000 Höfe die Schweinehaltung aufgeben, dann haben wir es mit einem tiefgreifenden Strukturwandel zu Lasten kleinbäuerlicher und mittelständischer Betriebe zu tun. Dies befördert weiter eine agroindustrielle Landwirtschaft, deren Folgen für das Tierwohl und die natürlichen Lebensgrundlagen auf immer weniger gesellschaftliche Akzeptanz stoßen.“ Zugleich mache diese Landwirtschaft noch abhängiger von Futtermittelimporten aus dem Ausland.

Laut „Fleischatlas Deutschland Regional 2016“ wächst die Fleischproduktion in jenen Bundesländern am stärksten, in denen bereits überdurchschnittlich viele Tiere gemästet werden. „Neue Tierfabriken werden geplant, wo die Auswirkungen der Fleischindustrie bereits am deutlichsten zu spüren sind. Dort sind die Ammoniak-Emissionen aus den Ställen und die Nitratwerte im Grundwasser jetzt schon inakzeptabel hoch“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Neben Nordrhein-Westfalen gelte dies insbesondere für Niedersachsen, wo Mitte 2015 bereits rund 4 Mio. Mastschweine gezählt worden seien. „Allein im Landkreis Vechta […] produzieren knapp 800 Schweinemäster mehr Tiere als in ganz Schleswig-Holstein oder Hessen. Dies gefährdet die Trinkwasserversorgung und geht oftmals mit einer Missachtung des Tierwohls einher“, so Weiger. Eine ähnliche Entwicklung sieht der BUND-Vorsitzende in der Geflügelfleischproduktion. Neben Niedersachsen solle bspw. auch in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen in immer größeren Anlagen immer mehr Geflügel gezüchtet werden.

Das mit dem Wachstum großer Masttieranlagen verbundene Höfesterben lasse sich nur stoppen, wenn Agrarsubventionen künftig stärker an Kriterien wie der Leistung der Betriebe für das öffentliche Wohl gebunden würden. Weiger: „Dumpingpreise für Lebensmittel treiben viele Bauern in den Ruin. Die Bundesregierung und insbesondere Bundesagrarminister Christian Schmidt müssen endlich gegensteuern und den Irrsinn von Massenproduktion, Export und der Maximierung von Profiten beenden. Nur dann können bessere Tier- und Naturschutzstandards gewährleistet werden.“ Inzwischen seien über 80 % der Deutschen bereit, höhere Preise für Fleisch und Wurst zu zahlen, wenn sie dadurch zu besseren Haltungsbedingungen der Tiere beitragen könnten.

Der Fleischatlas „Deutschland Regional 2016“ steht ab sofort als Download zur Verfügung.

Quelle: Heinrich-Böll-Stiftung, Pressemeldung vom 13.01.2016



Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 02/16 auf Seite M76.

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