Süßstoffe: Süßstoffe können das Mikrobiom verändern und Blutzuckerspiegel erhöhen

Auf Dauer ist ein hoher Süßigkeiten- bzw. Zuckerkonsum nicht gesundheitsförderlich – dies gelte allerdings auch für Produkte mit Süßstoffen, wenn sie dauerhaft konsumiert werden, so die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).

„Dabei ging man lange Zeit davon aus, dass diese Substanzen nicht nur kalorienfrei sind, sondern sich im Körper überhaupt völlig neutral verhalten“, sagt PD Dr. med. Birgit Terjung, Chefärztin der Abteilung Innere Medizin der GFO Kliniken Bonn und Vorstandsmitglied der DGVS. Zahlreiche Untersuchungen zeigen aber mittlerweile, dass auch Süßstoffe den Körper nicht spurlos durchqueren.
Besonders detailliert wurde die physiologische Wirkung von Zuckerersatzstoffen im menschlichen Organismus in einer israelischen Studie des Weizmann-Instituts untersucht [1]. In dieser ersten großen Studie an Menschen verabreichten Eran Elinav et al. den Proband*innen jeweils einen der vier Süßstoffe in geringen Dosierungen: Saccharin, Sucralose, Aspartam und Stevia. Während der zweiwöchigen Einnahme dokumentierten sie mögliche Veränderungen des Stoffwechsels sowie den Effekt der Süßstoffe auf die Zusammensetzung und die Funktion des Darmmikrobioms.
Dabei wiesen Saccharin und Sucralose starke Auffälligkeiten bei der glykämischen Antwort auf. Die regelmäßig durchgeführten Glukose-Toleranztests zeigten, dass die Süßstoffe die Blutglukosekonzentration deutlich erhöhten. „Die sog. Blutzuckerkontrolle, also die Fähigkeit des Körpers, den Blutzuckerspiegel auch bei Aufnahme von Glukose niedrig zu halten, war demnach unter Einfluss der Süßstoffe deutlich reduziert“, erläutert Professor Dr. med. Johann Ockenga, Direktor des Klinikums Bremen Mitte.
Auch Änderungen in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms sowie in der Konzentration bestimmter Stoffwechselprodukte im Blutplasma konnten nachgewiesen werden. Neutral verhielt sich keiner der untersuchten Süßstoffe. Zur Untersuchung eines möglichen Zusammenhangs zwischen den beobachteten Stoffwechselveränderungen und der veränderten Darmflora führte das israelische Forschungsteam zusätzlich Versuche an Mäusen durch: „Sterile“ Mäuse (ohne Darmflora) wurden mit der Darmflora der Versuchspersonen behandelt. Daraufhin entwickelten sie dieselben Auffälligkeiten bei der Blutzuckerkontrolle.
Laut Ockenga zeigen die Studienergebnisse, dass Süßstoffe mannigfaltige Wechselwirkungen mit dem Mikrobiom und einen deutlichen Einfluss auf das Stoffwechselgeschehen im Körper haben.
Gerade angesichts der zunehmenden Beliebtheit von Zuckerersatzstoffen bestehe dringender Forschungsbedarf zur Untersuchung der langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit, so Terjung.

Literatur
1. Elinav E, et al.: Personalized microbiome-driven effects of non-nutritive sweeteners on human glucose tolerance. Cell 2022; 185(18): 3307–28.e19.

Quelle: DGVS, Pressemeldung vom 05.04.2023



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 5/2023 auf Seite M272.

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