Epigenetik: Epigenetische Vererbung bereits über Eizellen und Spermien

Dass durch Ernährung verursachte Adipositas und Diabetes mellitus Typ 2 sowohl über Eizellen als auch über Spermien epigenetisch an die Nachkommen vererbt werden können, haben Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München (TUM) und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) nachgewiesen [1].

Die Basis der Studie bildeten Mäuse, die aufgrund einer fettreichen Nahrung adipös geworden waren und Diabetes mellitus Typ 2 entwickelt hatten. Ihre Nachkommen wurden über In-vitro-Fertilisation (künstliche Befruchtung) von isolierten Eizellen und Spermien gewonnen, sodass Veränderungen bei den Nachkommen nur über diese Zellen weitergegeben wurden. Ausgetragen wurden die Nachkommen von gesunden Leihmüttern. Dadurch konnten zusätzliche Faktoren wie Verhaltensweisen der Eltern oder Einflüsse des Muttertiers während der Schwangerschaft und des Säugens ausgeschlossen werden.

„Es zeigte sich, dass sowohl Eizellen als auch Spermien epigenetische Information weitergeben, die insbesondere bei den weiblichen Nachkommen zu einer starken Fettleibigkeit führten“, erläutert Studienleiter Prof. Johannes Beckers. Bei den männlichen Nachkommen hingegen war der Blutglukosespiegel stärker betroffen als bei den weiblichen. Die Daten zeigen außerdem, dass – wie beim Menschen auch – der mütterliche Beitrag zur Veränderung des Stoffwechsels bei den Nachkommen größer ist als der des Vaters.

„Aus Sicht der Grundlagenforschung liegt die Bedeutung der Arbeit daher insbesondere darin, dass hier zum ersten Mal nachgewiesen wurde, dass eine erworbene Stoffwechselstörung über Oozyten und Spermien an die Nachkommen epigenetisch vererbt werden kann – ähnlich den Vorstellungen von Lamarck und Darwin“, kommentiert Professor Beckers.


Im Gegensatz zur Genetik bezeichnet Epigenetik die Vererbung von Eigenschaften, die nicht in der primären Sequenz der DNA (den Genen) fixiert sind. Als Träger dieser epigenetischen Information gelten bislang insbesondere RNA-Transkripte und chemische Modifikationen des Chromatins (bspw. an der DNA oder den Histonproteinen im Chromosom).

=> In Ausgabe 5/2014 der Ernährungs Umschau finden Sie gleich zwei Beiträge zum Thema (Epi)Genetik und Ernährung:
-> www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/11-05-2014-grundlagen-der-genetik/ 
-> www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/09-05-2014-eu-0514-ernaehrung-und-genetik/ 



Literatur:
1. Huypens P et al. (2016) Epigenetic germline inheritance of diet induced obesity and insulin resistance. Nat Genet [DOI: 10.1038/ ng.3527]

Quelle: Helmholtz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Pressemeldung vom 08.03.2016



Den Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 06/16 auf Seite M320.

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