Mangelernährung: Mangelernährung im Alter: ein unterschätztes Gesundheitsrisiko
- 15.10.2025
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- Redaktion

Viele altersbedingte Veränderungen und Begleiterscheinungen des Alterns erschweren eine ausreichende Ernährung. Das hat zur Folge, dass ältere Menschen besonders anfällig für Mangelernährung sind. Der Anteil hochaltriger Menschen – also ab etwa 80 Jahren – nimmt in der Bevölkerung weiter zu, es gibt also immer mehr Betroffene. Mangelernährte Menschen haben ein höheres Risiko für Infektionen, schlechtere Heilungschancen, verlängerte Krankenhausaufenthalte und insgesamt eine reduzierte Lebensqualität. Auch die Kosten für das Gesundheitssystem steigen dadurch erheblich.
Die Gründe, warum viele ältere Menschen zu wenig oder nicht mehr ausgewogen essen, sind vielfältig. Altersbedingt lassen Appetit und Durstgefühl nach. Viele Menschen haben Kau- oder Schluckprobleme. Gleichzeitig können Mobilitätseinschränkungen, akute und chronische Krankheiten, bestimmte Medikamente, psychische Belastungen wie Einsamkeit oder Depression sowie soziale oder kognitive Probleme eine Rolle spielen. Insgesamt werden über hundert Einflussfaktoren diskutiert – körperlich, psychisch, sozial, kognitiv und medizinisch. Diese Komplexität macht die Diagnose und Behandlung sehr anspruchsvoll.
Um eine Mangelernährung zu diagnostizieren, gibt es klare Kriterien. Dazu zählen ein ungewollter Gewichtsverlust oder ein niedriges Körpergewicht bzw. eine reduzierte Muskelmasse in Verbindung mit einer reduzierten Nahrungsaufnahme oder erhöhtem Bedarf durch Krankheit oder Stress. In der Praxis kommen kurze, standardisierte Fragebögen zum Einsatz, mit denen diese Aspekte abgefragt werden, sog. Screening-Instrumente. Diese Früherkennung sollte idealerweise zur Routine gehören, v. a. in der Versorgung älterer Patientinnen und Patienten.
Wenn Angehörige eine ungewollte Gewichtsabnahme, Appetitlosigkeit oder auch einen nicht mehr so gut gefüllten Kühlschrank bemerken, sollten unbedingt die dahintersteckenden Ursachen geklärt werden. Mögliche medizinische Ursachen müssen durch den Hausarzt bzw. die Hausärztin abgeklärt werden. Bei ungenügender oder einseitiger Ernährung ohne frische Lebensmittel oder auch ohne die tägliche warme Mahlzeit sollten Unterstützung beim Einkaufen und Kochen oder auch ein Mahlzeitenlieferdienst organisiert werden.
Zur Lösung des Problems Mangelernährung im Alter haben Prof. Dr. Dorothee Volkert und ihr Team ein Modell entwickelt, das die wichtigsten Einflussfaktoren systematisch ordnet und damit hilft, die Ursachen besser zu erfassen. Gibt es funktionelle Einschränkungen? Eine zugrunde liegende Erkrankung? Psychische Belastungen? Je nach Ursache können z. B. eine logopädische Behandlung bei Schluckstörungen helfen oder Unterstützung im Alltag notwendig sein. Die Ernährungstherapie selbst umfasst verschiedene Maßnahmen: eine hochwertige und ausgewogene Lebensmittelauswahl, angereichert mit besonders nährstoffreichen Zutaten wie Nüssen, Eiern, Pflanzenölen oder Sahne. Auch Proteinpulver, Trinknahrung oder – in schweren Fällen – künstliche Ernährung können sinnvoll sein. Wichtig ist, dass die Maßnahmen individuell angepasst werden und realistisch in den Alltag integrierbar sind.
Mangelernährung wird laut Volkert im medizinischen Alltag nicht ausreichend beachtet. Das liege u. a. daran, dass Ernährung in der medizinischen Ausbildung kaum eine Rolle spielt. Viele Ärztinnen und Ärzte sind nicht geschult, Mangelernährung zu erkennen oder gezielt zu behandeln. Zudem ist die Behandlung oft zeitaufwendig und langwierig und das wird in unserem Gesundheitssystem leider nicht entsprechend honoriert.
⇒ Anfang November erscheint das neue Sonderheft der ERNÄHRUNGS UMSCHAU: Mangelernährung. In verschiedenen Beiträgen werden Ursachen benannt, Risikogruppen beschrieben und die ernährungstherapeutischen Maßnahmen im Detail vorgestellt.
Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Pressemeldung vom 18.07.2026
Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 10/2025 auf Seite M591.