Übergewichtige Frau am Tisch. © moodboard / moodboard / Thinkstock
Fettleibigkeit macht Brustkrebs aggressiver. © moodboard / moodboard / Thinkstock

Adipositas und Brustkrebs: Forscher entschlüsseln neuen Mechanismus für die Bildung von Metastasen

  • 24.10.2017
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  • Redaktion

Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM), des Helmholtz Zentrums München und des Universitätsklinikums Heidelberg haben kürzlich die Botenstoffe identifiziert, die den Stoffwechsel von Brustkrebszellen beeinflussen und diese damit aggressiver machen. Mit Hilfe eines Antikörpers ließ sich der Mechanismus wieder unterbrechen.

3D-Spheroid von Brustkrebszellen in Kultur. Die invasiven (metastasierenden) Zellen erscheinen durch überlappende Fluoreszensmarkierung des Leptin-Rezeptors und eines Metastasierungsmarkers hellblau. Zellkerne sind rot gefärbt. © Helmholtz Zentrum München
3D-Spheroid von Brustkrebszellen in Kultur. Die invasiven (metastasierenden) Zellen erscheinen durch überlappende Fluoreszensmarkierung des Leptin-Rezeptors und eines Metastasierungsmarkers hellblau. Zellkerne sind rot gefärbt. © Helmholtz Zentrum München

Neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt Adipositas auch die Entstehung von Krebs und die Bildung von Metastasen. In der aktuellen Studie beschreiben die Forscher einen bislang unbekannten Mechanismus, der dafür sorgt, dass sich Brustkrebs stärker ausbreitet. Dabei spiele das Enzym "ACC1" eine entscheidende Rolle, so Dr. Mauricio Berriel Diaz, stellvertretender Direktor des Instituts für Diabetes und Krebs (IDC) am Helmholtz Zentrum München

Das Enzym Acetyl-CoA-Carboxylase (ACC) ist besonders wichtig für die Fettsäuresynthese, also die Umwandlung von Acetyl-CoA in Malonyl-CoA. Allerdings könne es durch die Botenstoffe Leptin und TGF-β an seiner Arbeit gehindert werden, sagt Berriel Diaz. Diese Botenstoffe treten im Blut von schwer übergewichtigen Menschen besonders häufig auf.

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass diese Hemmung von "ACC1" dazu führt, dass sich Acetyl-CoA, eine Fettsäurevorstufe, in den Zellen ansammelt und bestimmte Genschalter (Transkriptionsfaktoren) aktiviert. Dadurch werden vor allem Gene abgelesen, die bei Krebszellen zu einer verstärkten Metastasierungsfähigkeit führen.

Kann eine neo-adjuvante Therapie das Metastasenrisiko senken?

„Anhand von menschlichem Gewebe aus Brustkrebsmetastasen konnten wir zeigen, dass "ACC1" dort signifikant weniger aktiv war“, erklärt Marcos Rios Garcia, Erstautor der Studie. Blockierten die Wissenschaftler den bisher unbekannten Signalweg mit einem Antikörper gegen den Leptin-Rezeptor, so führte das im Versuchsmodell zu einer deutlich reduzierten Ausbreitung und Metastasierung von Brustkrebstumoren.

Ob es sich dabei um eine mögliche Therapieoption handelt, müsse sich zeigen, so die Forscher. Künftig wollen sie die Datenlage zum neu gefundenen Mechanismus in weiteren Studien erhärten. Darüber hinaus denken sie über mögliche Stellschrauben nach, durch die man therapeutisch eingreifen könnte. „Die Blockade der genannten Signalwege beziehungsweise das Abschalten der Metastasierungsgene könnten einen therapeutischen Angriffspunkt darstellen“, blickt Studienleiter Herzig voraus. „Im Rahmen einer sogenannten neo-adjuvanten Therapie könnte man schon vor der operativen Entfernung des Tumors das Risiko von Metastasen beziehungsweise des Wiederauftretens von Tumoren reduzieren.“ Der Begriff neo-adjuvante Therapie bezeichnet eine Therapie, die vor der geplanten operativen Behandlung einer Tumorerkrankung verabreicht wird. Sie kann aus einer Chemotherapie, Bestrahlung oder Hormontherapie bestehen.

Quelle: TUM



Originalpublikation:
M. R. Garcia, B. Steinbauer, K. Srivastava, M. Singhal, F. Mattijssen, A. Maida, S. Christian, H. Hess-Stumpp, H. G. Augustin, K. Müller-Decker, P. P. Nawroth, S. Herzig, M. Berriel, Acetyl-CoA Carboxylase 1-Dependent Protein Acetylation Controls Breast Cancer Metastasis and Recurrence. Cell Metabolism, DOI: 10.1016/j.cmet.2017.09.01

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