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Bulimia nervosa führt zu kompensatorischem Verhalten wie selbstinduziertem Erbrechen und der Einnahme von Abführmitteln. © adimguzhva / iStock / Thinkstock

Therapie von Bulimia nervosa: Teenager erholen sich schneller unter Einbezug der Eltern

  • 28.09.2015
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Die Einbeziehung der Eltern in die Behandlung von Jugendlichen mit Bulimia nervosa ist effektiver als eine individuelle Behandlung der Patienten. Dies zeigt eine Studie von Wissenschaftlern der University of California in San Francisco und der Stanford University School of Medicine mit amerikanischen Jugendlichen. Das Ergebnis ermöglicht eine neue Sicht auf die Therapie der Essstörung und steht im Widerspruch zu Methoden, die Eltern von der Beratung und der Behandlung ausschließen.

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Mutter und Tochter: Die familienbasierte Therapie bezieht die Eltern in den Heilungsprozess ein. © JackF / iStock/ Thinkstock

Die Gedanken kreisen den ganzen Tag um das Essen, das Gewicht und den eigenen Körper. Spätestens nach einer Mahlzeit überwiegt das quälende Gefühl, zunehmen zu können: Jugendliche mit der Essstörung Bulimia nervosa wollen Verzehrtes am liebsten direkt wieder loswerden. Sie verfallen in kompensatorisches Verhalten wie etwa selbstinduziertes Erbrechen, Einnahme von Abführmitteln, Fasten oder intensive sportliche Betätigung.

In der vorliegenden, randomisierten Studie verglichen die Forscher zwei Behandlungsarten miteinander: die kognitive Verhaltenstherapie und die familienbasierte Therapie (FBT). Die kognitive Verhaltenstherapie konzentriert sich auf den einzelnen Patienten und legt Wert auf eine Behandlung, die dem Patienten helfen soll, ein vollständiges Verständnis von sich selbst und den irrationalen Gedanken zu erlangen, die der Bulimie zugrunde liegen.

Durch die Konfrontation mit diesen Gedanken – so das Ziel – kann sich das Verhalten ändern und der Heilungsprozess einsetzen.

Die FBT bezieht dagegen die Eltern mit ein, damit diese die Schwere der Erkrankung verstehen und lernen, wie sie ihre Kinder im Alltag am besten unterstützen können. Dabei geht es auch darum, die Jugendlichen in einen sicheren medizinischen Zustand zu bringen und gesunde Verhaltensweisen zu fördern.

Familienbasierte Therapie zeigt größere Erfolge

Für die Untersuchung verteilten die Forscher 130 Jugendliche mit Bulimia nervosa im Alter von 12 bis 18 Jahren zufällig entweder zur Gruppe mit kognitiver Verhaltenstherapie oder zur FBT. Die Behandlungen umfassten 18 ambulante Sitzungen verteilt über sechs Monate, mit einer Wiederholung nach sechs und nach zwölf Monaten.

Die Teilnehmer in der FBT erreichten höhere Abstinenzraten von den für Bulimie typischen Verhaltensweisen wie Erbrechen als die Patienten, die der individuellen kognitiven Therapie zugeteilt wurden. Am Ende der ersten Behandlungsphase verzichteten knapp doppelt so viele Probanden (39 Prozent) der Familien basierten Gruppe auf Ess-Brech-Anfälle.

Nur 20 Prozent der Teilnehmer aus der Gruppe der kognitiven Verhaltenstherapie schafften das gleiche Ergebnis. Nach dem Sechs-Monats-Follow-up verhielten sich in der FBT-Gruppe bereits 44 Prozent wie gewünscht, gegenüber 25 Prozent in der kognitiven Gruppe. Nach 12 Monaten war die Familiengruppe mit fast der Hälfte der Teilnehmer noch deutlicher klinisch überlegen (49 Prozent gegenüber 32 Prozent).

Erkrankung kann tödlich enden

„Diese Ergebnisse sind ganz eindeutig", sagte Daniel Le Grange, Professor für Kinderheilkunde am Departement für Psychatrie und Pädiatrie am Benioff Children’s Hospital der University of California in San Francisco. Die familienbasierte Variante sei die Behandlung der Wahl für Jugendliche mit Bulimia nervosa, weil sie schneller Ergebnisse zeige und ihre Wirkung länger vorhalte, so Le Grange.

Die kognitive Verhaltenstherapie könne eine nützliche Alternative sein, wenn die FBT nicht zur Verfügung stehen würde, so Le Grange weiter. 

Bei der Behandlung von Jugendlichen mit Bulimia nervosa ist es unerlässlich, die Verhaltensweisen schnell zu reduzieren, da sie einen vorzeitigen Tod verursachen können. „Jedes Mal, wenn sich ein Patient übergibt, besteht die Gefahr des Reißens der Speiseröhre mit Elektrolyt- und Herzrhythmusstörungen, die zum Tod führen können", sagte Le Grange. „Je schneller wir eingreifen können, desto besser stehen die Chancen, das Leben des Patienten zu retten."



Weitere Informationen:

Quelle: University of California San Francisco

Originalstudie: Randomized Clinical Trial of Family-Based Treatment and Cognitive-Behavioral Therapy for Adolescent Bulimia Nervosa Daniel Le Grange, PhDcorrespondenceemail, James Lock, MD, PhD, W. Stewart Agras, MD, Susan W. Bryson, MA, MS, Booil Jo, PhD Accepted: August 26, 2015; Published Online: September 02, 2015; American Academy of Child and Adolescent Psychiatry

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