Barrieren für Ernährungstherapie in der stationären Hämatologie/Onkologie

  • 10.09.2020
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  • Kristina Ludolph
  • Dagmar Hauner
  • Volkmar Nüssler
  • Clemens-Martin Wendtner
  • Hans Hauner

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Peer-Review-Verfahren / Manuskript (Original) eingereicht: 28.11.2019 / Überarbeitung angenommen: 05.03.2020

Erfahrungsbericht zur Verbreitung und Therapie von Mangelernährung in einer deutschen Klinik

Einleitung

Mangelernährung ist bei Patienten1 mit einer Krebserkrankung weit verbreitet und stellt eine große klinische Herausforderung dar. In einer deutschen Krankenhausstudie fand sich im Jahr 2003 bei 38 % der Patienten mit einer Tumorerkrankung eine Mangelernährung, die mittels des Subjective Global Assessment-Fragebogens und weiterer Parameter erfasst wurde [1]. Eine ähnlich hohe Prävalenz von Mangelernährung wurde auch in anderen Studien beobachtet [2]. Schon lange ist bekannt, dass der Ernährungsstatus besonders in dieser Patientengruppe eine zentrale Determinante der Lebensqualität und ein relevanter prognostischer Marker für das Komplikationsrisiko und die Lebenserwartung ist [3]. Daneben ist Mangelernährung bei diesen Patienten auch mit einer längeren Krankenhausverweildauer assoziiert und geht mit erheblichen zusätzlichen Kosten einher [1, 2, 4]).

Obwohl dieses Problem schon seit langem thematisiert wird [5, 6], ist es bisher trotz vieler Initiativen von Fachgesellschaften und politischen Gremien nicht gelungen, die Versorgungssituation so zu verbessern, dass Mangelernährung im klinischen Setting frühzeitiger erkannt und adäquat behandelt wird. Hierfür stehen evidenzbasierte Leitlinien deutscher und europäischer Fachgesellschaften zur Verfügung [4, 7]. Trotz der hohen Prävalenz von Mangelernährung im stationären Setting verfügen nur wenige Kliniken in Deutschland über ein qualifiziertes Ernährungsteam und andere strukturelle Voraussetzungen für eine moderne Ernährungstherapie.

Abstract

Im vorliegenden Modellprojekt wurde das Ziel verfolgt, die ernährungsmedizinische Versorgung von Patienten1 mit hämato-/onkologischen Erkrankungen unter stationären Bedingungen zu verbessern. Dazu wurde in einer großen hämato-/onkologischen Klinik bei allen stationär aufgenommenen Patienten ein Screening auf das Risiko für Mangelernährung mithilfe des Nutritional Risk Screening 2002-Fragebogens (NRS) durchgeführt. Über einen Zeitraum von 8 Monaten wurde im ersten Teil die „Status quo“-Situation erfasst. Im darauf folgenden zweiten Teil des Projekts wurden Patienten mit einem erhöhten Risiko für Mangelernährung therapeutische Maßnahmen angeboten. Insgesamt wiesen 63,6 % aller rekrutierten Patienten ein erhöhtes Risiko (NRS ≥ 3) auf. Im zweiten Teil des Projekts mit Intervention wurden nur bei 15 (14,6 %) der eingeschlossenen 103 Personen ernährungstherapeutische Maßnahmen, hauptsächlich Verordnung von zusätzlicher Trinknahrung, durchgeführt. Dabei zeigten sich zwei Hauptbarrieren: fehlende Strukturen für Ernährungsmonitoring bzw. Ernährungsberatung und fehlendes Interesse vieler Patienten an Ernährungsunterstützung. Dieses Projekt unterstreicht, wie schwierig die Umsetzung eines leitliniengerechten Ernährungsmanagements im deutschen Gesundheitssystem weiterhin ist.

Schlüsselwörter: Mangelernährung, Nutritional Risk Screening (NRS), Ernährungstherapie, Onkologie, Tumorpatienten



Peer reviewed / Manuscript (original) submitted: 28 November 2019 / Revision accepted: 05 March 2020

Barriers to nutritional support in patients with cancer
Report on a project facing malnutrition in a German hospital

Abstract

This project sought to improve the nutritional management of cancer patients in a large hematology/oncology inpatient clinic. Patients were screened for the risk of malnutrition using the Nutritional Risk Screening (NRS) questionnaire (2002). In the first part of the project, the “status-quo” was assessed over a period of 8 months. During the second part, patients with an increased risk of malnutrition were offered nutritional therapy. Overall, 63.6% of all recruited patients had an increased risk of malnutrition (NRS ≥ 3). However, only 15 (14.6%) of the 103 patients included in the study consented to dietary therapy during part 2, which mainly consisted of consuming liquid nutritional supplements. The two main treatment barriers identified were inadequate hospital infrastructure to deliver inpatient nutritional management and the general lack of interest from many patients in receiving nutrition support. This project highlights the difficulties of implementing guidelines for nutrition management in the German healthcare system.

Keywords: malnutrition, Nutritional Risk Screening (NRS), nutritional therapy, oncology, tumor patients

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Den vollständigen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 9/2020 von Seite M536 bis M544.

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