Zur phänotypischen Charakterisierung von Prüfpersonen als Auswahlkriterium für die Panelbildung

  • 12.01.2016
  • Print-Artikel
  • Karolin Höhl
  • Mechthild Busch-Stockfisch

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Peer-Review-Verfahren | Eingegangen: 10.03.2015 | Akzeptiert: 02.11.2015

Einleitung

Die sensorischen Fähigkeiten (u. a. die Geschmacksempfindlichkeit für süß, sauer, salzig, bitter und umami; die Intensitätsempfindung und die Erkennung verschiedener Gerüche) unterscheiden sich zwischen verschiedenen Individuen und auch innerhalb eines Individuums im Tages- und Jahresverlauf (in Abhängigkeit von hormonellen Schwankungen [1] und Umgebungseinflüssen wie bspw. Temperatur, Luftdruck, Lichtverhältnisse; [2–4]).

Verschiedene weitere Einflussfaktoren auf das sensorische Urteilsvermögen (bspw. Alter, Gesundheitszustand, psychische Faktoren, genetische Disposition) wurden bereits publiziert [5]. Der vorliegende Beitrag untersucht nun, aufbauend auf Beitrag 1 (Ernährungs Umschau 12/2015, S. 208 ff.), ob und inwieweit die genetische Disposition die Eignung als sensorische Prüfperson (PP) beeinflusst.

Zusammenfassung

Die phänotypische Varianz Propylthiouracil (PROP) als bitter oder geschmacklos wahrzunehmen (sog. PROP-Status) korreliert mit weiteren sensorischen Parametern, wie z. B. der Empfindlichkeit für andere Geschmacksstoffe oder der Lebensmittelpräferenz. Der Beitrag prüft, inwieweit die Kenntnis des phänotypischen PROP-Status relevante Informationen über die Eignung für analytische Testverfahren bieten kann. Es wurden 82 sensorisch ungeschulte Studentinnen phänotypisch in PROP-Nichtschmecker (PNS, n = 22), PROP-Mediumschmecker (PMS, n = 39) und PROP-Superschmecker (PSS, n = 21) klassifiziert und die Empfindlichkeit gegenüber Saccharose und Koffein ermittelt. Eine Gruppe (n = 45) aus allen drei Bereichen der Empfindlichkeit erhielt anschließend eine einwöchige sensorische Schulung, die übrigen 37 Prüfpersonen (PP) aus allen drei Bereichen der Empfindlichkeit erhielten keine Intervention (Kontrolle). Die Saccharose- und Koffein-Empfindlichkeit beider Gruppen wurde zu weiteren zwei Zeitpunkten im Abstand von einem halben Jahr überprüft.
Die Ergebnisse zeigen, dass die anfänglichen Unterschiede in der Koffein-Empfindlichkeit für die drei PROP-Typen durch sensorische Schulung sowie durch Erfahrung und Gewöhnung ausgeglichen werden konnten. Auch ein zeitliches Intervall von einem halben Jahr setzte die Koffein-Empfindlichkeit nicht auf das Anfangsniveau zurück.
Daraus lässt sich ableiten, dass der phänotypische PROP-Status für die Bildung sensorischer Panels keinen relevanten Mehrwert leistet. PNS und PMS können durch sensorische Schulung und/oder Erfahrung und Gewöhnung die gleiche Geschmacksempfindlichkeit für süß und bitter erreichen wie PSS.

Schlüsselwörter: Sensorik, analytische Tests, Schwellenwerte, Rezeptorvarianten, Training


Phenotypic characterization of panelists as selection criterion

Introduction

Sensory abilities – including taste sensitivity to sweet, sour, bitter, and umami, and perception of the intensity and recognition of different odors – differ between different individuals and within the same individual in the course of the day and year, depending on hormonal fluctuations [1] and environmental influences such as temperature, air pressure and light intensity [2–4].

Various factors influencing sensory discrimination, e. g. age, state of health, psychological factors, and genetic susceptibility, have already been published [5]. On this basis (=> Ernährungs Umschau 12/2015, p. 216 ff.), the present article now examines whether and to what extent genetic susceptibility influences individual suitability to be a sensory test person (TP).

Summary

The phenotype of perceiving propylthiouracil (PROP) as either bitter or tasteless (so-called “PROP status”) correlates with other sensory parameters, including sensitivity to other tastes or food preference. The present article investigates whether knowledge of the phenotypic PROP status can provide relevant information on the suitability for analytical test procedures. 82 female students without sensory training were classified as PROP non-tasters (PNTs, n = 22), PROP medium-tasters (PMTs, n = 39) or PROP super-tasters (PSTs, n = 21) and the sensitivity to sucrose and caffeine was determined. 45 subjects from all of these three sensitivity groups were then given one week of sensory training (intervention group). The remaining 37 test subjects from all three groups received no intervention (control). The sucrose and caffeine sensitivity of the intervention and control groups were checked at two time points at an interval of 6 months.
The results show that the initial differences in caffeine sensitivity in the three sensitivity groups could be eliminated by sensory training, as well as by experience or habituation. Even after an interval of 6 months, caffeine sensitivity did not return to the original value.
Thus the phenotypic PROP status is essentially irrelevant to the formation of sensory panels. After sensory training and/or experience and habituation, PNTs and PMTs can achieve the same test sensitivity to sweet and bitter as PSTs.

Keywords: sensory science, analytical tests, threshold measurement, training, receptor types



Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Ernährungs Umschau 01/16 von Seite 16 bis 21.

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