Welche „frei von“-Hinweise sind welchen Verbrauchern bei Lebensmittelkauf wie wichtig?

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Peer-Review-Verfahren / Manuskript (Original) eingereicht: 5. August 2022 / Überarbeitung angenommen: 27. September 2022

Eine Verbrauchersegmentierung

Einleitung

Gesundheits- und Natürlichkeitsaspekte bilden für verschiedene Verbrauchergruppen1 bedeutsame Motive beim Konsum von Lebensmitteln (LM) [1]. Im Zuge dessen besteht bei Verbrauchern ein Interesse an Informationen über die Bestandteile von LM bzw. das Bestreben nach Meidung verschiedener Inhaltsstoffe. Diese Bedürfnisse wurden von der LM-Industrie aufgegriffen. Es werden Produkte angeboten, die Inhaltsstoffe oder Substanzen, die Verbraucher meiden möchten, nicht enthalten. Die Abwesenheit dieser Stoffe wird auf der Verpackung ausgelobt. Häufig genutzt werden „frei von“-Hinweise, die den „Clean Labels“ zugeordnet werden [2]. Generell meint „Clean Labelling“ die Kennzeichnung von LM dahingehend, dass bestimmte Inhaltsstoffe/ Substanzen nicht enthalten sind [3, 4]. Auf der Basis von textlichen oder visuellen Angaben auf der Verpackung (z. B. Logos, „frei von“-Hinweise) können Verbraucher auf die „Reinheit“ eines „Clean Label“-Produkts schließen [2].

Die vorliegende Studie betrachtet die verbraucherseitige Bedeutsamkeit von zwei Kategorien von „frei von“-Hinweisen, d. h. von textlichen Hinweisen auf LM-Verpackungen (1.) zur Abwesenheit von Gluten, Laktose und Fruktose (bei Produkten, in welchen diese ansonsten natürlicherweise enthalten sind) sowie (2.) zur Abwesenheit von Zusatzstoffen/Aromen (in Anlehnung an [5]).

Abstract

„Frei von“-Hinweise auf Lebensmitteln (LM) gewinnen stetig an Bedeutung; ein einheitlicher gesetzlicher Rahmen für deren Verwendung fehlt bislang. Im vorliegenden Beitrag werden „frei von“-Hinweise (1.) zur Abwesenheit von Zusatzstoffen/Aromen sowie (2.) zur Abwesenheit von Gluten/Laktose/Fruktose näher betrachtet. Mittels eines Online-Fragebogens wurden 703 deutsche Konsumenten zur Relevanz verschiedener „frei von“-Hinweise beim Kauf von LM, ihrem Vertrauen in LM-Hersteller sowie ihrer Gesundheits- und Natürlichkeitsorientierung befragt. Zur Auswertung der Daten wurden bi- und multivariate statistische Analyseverfahren eingesetzt. Im Rahmen der Auswertungen konnten vier Verbrauchersegmente identifiziert werden, die sich hinsichtlich der Bedeutsamkeit von zusatzstoff-/aromabezogenen sowie von gluten-, laktoseund fruktosebezogenen „frei von“-Hinweisen beim Kauf von LM unterscheiden: 1) an „frei von“-Hinweisen desinteressierte Verbraucher, 2) Verbraucher mit Präferenz für zusatzstoff-/aromabezogene „frei von“-Hinweise sowie Verbraucher mit 3) mittlerer oder 4) hoher Präferenz für „frei von“-Hinweise. Die Segmente wurden hinsichtlich ihrer Gesundheits- und Natürlichkeitsorientierung, ihrem Vertrauen in LM-Hersteller sowie soziodemografischen und gesundheitsbezogenen Variablen weitergehend charakterisiert. Zusatzstoff-/aromabezogene „frei von“-Hinweise sind für 74,6 % leicht bis deutlich überdurchschnittlich wichtig.
Wegen des Fehlens gesetzlicher Regelungen sollten Verbraucherinformationen zu zusatzstoffbezogenen „frei von“-Hinweisen Angaben darüber einschließen, dass trotz der Hinweise Substanzen mit gleicher Wirkung eingesetzt werden können. Forschungsbedarf gibt es auch zu einer möglichen Verbraucherüberforderung durch die Vielfalt an „frei von“-Hinweisen.

Schlüsselwörter: Verbraucherverhalten, Lebensmittel, „frei von”-Hinweise, Lebensmittelkennzeichnung, Clean Labelling, Marktforschung, Gluten, Laktose, Fruktose, Lebensmittelunverträglichkeit



Peer Reviewed / Manuscript (Original) received: 5 August 2022 / Revision accepted: 27 September 2022

Which “free from”-claims are important to which consumers when buying food?

A consumer segmentation

Abstract

“Free from”-claims on foods are steadily gaining in importance; a uniform legal framework for their use is lacking so far. In the present contribution, “free from”-claims 1.) on the absence of additives/flavorings and 2.) on the absence of gluten/lactose/ fructose are examined in more detail. By means of an online questionnaire, 703 German consumers were asked about the relevance of various “free from”-claims when purchasing food, their trust in food manufacturers, as well as their health and naturalness orientation. Bi- and multivariate statistical analysis methods were used to evaluate the data. The analyses identified four consumer segments that differ in terms of the importance of additive/flavoring-related as well as gluten-, lactose-, and fructose-related “free from”-claims when purchasing food: 1.) “free from”-claims disinterested consumers, 2.) “free from” additives/flavorings consumers as well as 3.) moderate or 4.) intensive “free from” consumers. The segments were further characterized in terms of their health and naturalness orientation, their trust in food manufacturers as well as sociodemographic and health-related variables. Additive-/flavoring-related “free from”-claims are slightly to significantly more important than average for 74.6%.
Due to the lack of legal regulations, consumer information on additive-related “free from”-claims should include information on the fact that substances with the same effect can be used despite the claims. There is also a need for research on possible consumer overload due to the variety of “free from”-claims.

Keywords: consumer behavior, food, “free from”-claims, food labeling, market research, gluten, lactose, fructose, food intolerance

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https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/legalcode



Den vollständigen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 2/2023 auf den Seiten M78 bis M92.

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