Ernährungskommunikation: Praxisbeispiele und Erfolgsfaktoren

Trockene Flyer und informative Webseiten werden von unterhaltsamen YouTube-Videos und Podcasts abgelöst, studierte Ernährungsfachkräfte von lockeren Influencern. Eine erfolgreiche Ernährungskommunikation ist genau auf verschiedene Zielgruppen zugeschnitten, indem sie verschiedene Kanäle passgenau nutzt und offen für neue Medien ist. Gabriela Freitag-Ziegler stellt in ihrem beim Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) erschienenen Beitrag „Praxistipps für die Ernährungskommunikation“ Erfolgsfaktoren und Beispiele für eine zielführende Kommunikation vor.

Erfolgreiche Ernährungskommunikation ist auf verschiedene Zielgruppen zugeschnitten und nutzt neben Print und Fernsehen auch Social Media, Podcasts oder Videoformate. © Christian Horz/iStock/Getty Images Plus
Erfolgreiche Ernährungskommunikation ist auf verschiedene Zielgruppen zugeschnitten und nutzt neben Print und Fernsehen auch Social Media, Podcasts oder Videoformate. © Christian Horz/iStock/Getty Images Plus

Zu einer zielführenden Ernährungskommunikation gehört es auch, sich Neuem zu stellen und unterschiedliche Strategien zur Zielgruppengewinnung zu verfolgen. Dazu gehört auch eine differenzierte Social-Media-Strategie. Diese kann dabei helfen, die wahren Bedürfnisse der Zielgruppe kennenzulernen, sich zu vernetzen und in einen Austausch zu treten. Denn die „eine für alle“-Kommunikation gibt es nicht.

Während sich die ältere Generation meist nach wie vor über klassische Printmedien und Fernsehen informiert, lassen sich junge Menschen über neue Medien deutlich besser erreichen. Die Sozialen Medien haben die Ernährungskommunikation auf den Kopf gestellt. Influencer haben die ExpertInnenrolle übernommen. Mit ansprechendem Content sowie einer emotionalen Ansprache erzielen sie oft hohe Reichweiten. Ein Meinungs- und Erfahrungsaustausch auf Augenhöhe ersetzt die Information durch Ernährungsfachkräfte.

Doch womit startet eine gute Kommunikationsstrategie und Zielgruppensegmentierung im Ernährungsbereich? Und was bedeutet das für die Praxis von Fachkräften? Im Interview und Austausch mit verschiedenen Ernährungsfachkräften, wie mit Dr. Dorle Grünewald-Funk, die ihre Dissertation über Zielgruppensegmentierung und Ernährungskommunikation verfasst hat, geht Freitag-Ziegler diesen und vielen weiteren Fragen nach.

Die Überlegung, welches Ziel ich bei welcher Zielgruppe verfolge, ist der Ausgangspunkt jeder Strategie. Durch die Auswahl geeigneter Kanäle und eine passende Ansprache kann bereits viel erreicht werden, so Grünewald-Funk. Soll jedoch eine Verhaltensänderung ausgelöst werden, sei dies deutlich schwieriger, denn zwischen der Botschaft und dem gewünschten Verhalten der AdressatInnen liegen meist viele Hürden. Daher solle die Ausgangsfrage des Beratenden stets sein: Was behindert z. B. die Akzeptanz und die Umsetzung des Ziels und wie kann ich die Akzeptanz und das Verständnis erhöhen?

Was im Marketing von Unternehmen selbstverständlich ist, ignoriert die öffentliche Ernährungskommunikation noch allzu oft: Eine auf verschiedene Zielgruppen genau zugeschnittene Ansprache. So erreichen Flyer, Broschüren oder Webseiten mit viel Text, Küchen-Tipps und Rezepten nur diejenigen, die sowieso schon am Thema Ernährung interessiert sind. Für Menschen, die ihren Lebensstil nicht ändern wollen oder können, sind sie oft völlig ungeeignet.

Ein Perspektivenwechsel kann hier oft helfen. Für die Ernährungspraxis sind daher folgende Aspekte von Bedeutung: Zur Erreichung unterschiedlicher Zielgruppen werden unterschiedliche Themen, Ansprachen und Kanäle benötigt, da sich sonst die Wissenskluft zwischen privilegierten und sozial benachteiligten Menschen nur noch mehr vergrößert.
Zunächst müssen die relevanten Personengruppen, über die ein Kommunikationsziel erreicht werden kann, identifiziert werden. Das können bspw. kinderreiche Familien oder junge Erwachsene ohne Kochkompetenz sein. Im nächsten Schritt muss die Zielgruppe möglichst genau definiert und kennengelernt werden. Dazu gehören objektive Faktoren wie Alter, Geschlecht, Beruf oder Bildungsstand und subjektive Faktoren wie Einstellungen, Motive, Interessen, Konsum- und Freizeitverhalten. Abschließend müssen die Kanäle identifiziert werden, die von dieser Zielgruppe genutzt werden (z. B. Fernsehen, YouTube-Videos, Podcasts, Zeitungsartikel oder Soziale Medien) sowie Themen und Formate gefunden werden, welche die Zielgruppe interessieren (z. B. Unterhaltung, Ratgeber, Sport).

Eine Herausforderung besteht darin, die passenden Medienkanäle richtig zu nutzen. Die Nutzung von Massenmedien führt zwar selten zu einer Verhaltensänderung, sie kann aber eine wichtige Grundlage sein, um die Aufmerksamkeit für ein Thema wie vegane Ernährung zu schaffen und Gesprächsstoff für Diskussionen im Familien- und Freundeskreis zu liefern.
Hierbei steht das Internet als Informationsmedium v. a. bei jungen Menschen an erster Stelle. Immer beliebter wird die Ernährungskommunikation und -information durch YouTube-Videos. In kürzester Zeit können hier viel Inhalt und eine deutliche Botschaft transportiert werden. Selbst komplexe Zusammenhänge können durch diese Form der Ernährungskommunikation verständlich vermittelt werden. Da YouTube, genauso wie Instagram oder Twitter, ein Soziales Netzwerk ist, lebt es von der Interaktion mit den AbonnentInnen. Welche Themen aufgegriffen werden sollen, entscheiden daher die UserInnen, was weiterhin zu einer besseren Zielgruppenorientierung beiträgt.

Ebenso für die Ernährungskommunikation von Fachkräften attraktiv und mit einem vergleichsweise geringeren Aufwand und Kosten verbunden, sind Podcasts. Sie bieten auf 30 oder sogar 90 Minuten die Möglichkeit, komplexe Themen vertiefend darzustellen, ohne dass die HörerInnen abspringen. Das liegt auch daran, dass Podcasts nebenher, z. B. auf dem Weg zur Arbeit oder beim Kochen gehört werden können. Wer hier mit seinen Botschaften Gehör finden möchte, braucht jedoch eine professionelle Strategie. Dazu gehören attraktive, für den jeweiligen Kanal und die Zielgruppe maßgeschneiderte eigene Beiträge mit echtem Mehrwert – aber auch Reaktionen auf die Beiträge anderer, denn Social Media ist keine Einbahnstraße. Im Idealfall gelingt es sogar, passende Influencer für die eigenen Kommunikationsziele ins Boot zu holen.

Quelle: Bundeszentrum für Ernährung/Freitag-Ziegler G: Praxistipps für die Ernährungskommunikation: Erfolgsfaktoren und Beispiele. Pressemeldung vom 15.06.2021



Diesen Artikel finden Sie auch in ERNÄHRUNGS UMSCHAU 8/2021 auf den Seiten M448 bis M449.

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