Deutsche Diabetes Gesellschaft: Zwei aktualisierte S3-Leitlinien der DDG

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) erstellt und überarbeitet regelmäßig eigene Leitlinien zu verschiedenen Bereichen des Diabetes mellitus. In 2023 wurden die neu überarbeiteten Leitlinien „Therapie des Typ-1-Diabetes“ und „Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter“ veröffentlicht. Die DDG, unter deren Federführung die Aktualisierung stattfand, informierte auf ihrer Herbsttagung über die wichtigsten Neuerungen, die im Folgenden zusammengefasst sind.

Die Diabetestherapie entwickelt sich derzeit mit großer Geschwindigkeit. Fünf Jahre, die seit der letzten Aktualisierung der S3-Leitlinie „Therapie des Typ-1-Diabetes“ vergangen sind, haben deutliche Veränderungen in der Versorgung mit sich gebracht. „Insbesondere im Bereich der Glukosesensoren hat es in dieser Zeit einige technische Neuerungen gegeben“, erläuterte Prof. Dr. med. Thomas Haak aus Bad Mergentheim, der die Arbeit an der Leitlinie für die DDG koordiniert hat. Die kontinuierliche Glucosemessung (CGM) im Unterhautfettgewebe sei mittlerweile zum Standard geworden. Sie ermöglicht es, den Gewebeglucosespiegel nahezu in Echtzeit zu verfolgen und die Therapie wesentlich präziser zu steuern. Allein, aber v. a. in Kombination mit automatischen Insulinpumpen (AID), könne die CGM das tägliche Diabetesmanagement deutlich erleichtern. „Weil Studien zum langfristigen medizinischen Effekt dieser Systeme bislang fehlen, basiert dieser Teil der Leitlinie auf kurzfristigeren Studien sowie auf Erfahrungsberichten von ärztlicher und von Patientenseite“, sagt Haak. Diese belegten den großen Nutzen, etwa die Vermeidung von Unter- und Überzuckerungen durch die eingebaute Warnfunktion, müssten aber in Zukunft noch durch wissenschaftliche Studien untermauert werden. Bereits jetzt gilt als gesichert, dass die Messwerte der CGM gut mit dem Langzeitwert des Blutglucosespiegels (HbA1c) korrelieren. Damit seien sie auch aussagekräftige Parameter zur Beurteilung der langfristigen Diabeteseinstellung.
Die Vorteile moderner Diabetestechnologie sind auch ein Schwerpunkt der aktualisierten Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter“. „Für junge Menschen mit Diabetes und ihre Familien ergeben sich dank des großen technischen Fortschrittes auch Erleichterungen bei der Integration und Teilhabe in KiTa und Schule durch eine bessere Stoffwechselkontrolle und neue Möglichkeiten, z. B. die Follower-Funktion für Eltern, Alarme und anderes“, so Leitlinienkoordinator Dr. med. Martin Holder. Denn die Auswirkungen einer Diabeteserkrankung betreffen nicht nur das Leben der jungen Patient*innen selbst: In den meisten Fällen tragen Eltern maßgeblich zur Pflege und Behandlung bei. Diese zusätzliche Verantwortung und Sorge stellt oft eine erhebliche Belastung dar und kann sogar zu finanziellen Einbußen führen, insbesondere da erfahrungsgemäß Mütter häufig ihre berufliche Tätigkeit reduzieren und eine Betreuung in KiTa oder Schule sicherstellen müssen. Die Integration moderner Technologien wie Insulinpumpen, CGM und automatische Insulinabgabesysteme (AID) können eine wirksame Unterstützung bieten. Holder empfiehlt, diese Technologien nach Möglichkeit allen Kindern anzubieten, da sie eine weitgehend uneingeschränkte und altersgerechte Integration bei gleichzeitig guter Kontrolle der Blutglucose ermöglichen.
Darüber hinaus aktualisiert bzw. erweitert die Leitlinie nun auch die Themen Telemedizin, Ernährungstherapie, Risikofaktoren, Früherkennung und Prävention. „Auch die wichtige Phase der Transition wird jetzt in einem eigenen Kapitel behandelt“, bekundet Leitlinienkoordinator Dr. med. Ralph Ziegler. Transition bezeichnet den Übertritt von Jugendlichen von der pädiatrischen zur erwachsenen Gesundheitsversorgung – einen Lebensabschnitt, in dem mit der Volljährigkeit und Selbstverantwortung eine ohnehin schon instabile Lebensphase beginnt. In dieser Zeit verringert sich meist die Unterstützung der Eltern beim Krankheitsmanagement. Nach dem Schulabschluss stehen Berufseinstieg oder Wohnortwechsel für ein Studium an. Manchmal verschieben sich auch einfach die Prioritäten der Heranwachsenden und der Diabetes rückt zu sehr aus dem Blick. „Die Leitlinie gibt nun wertvolle Empfehlungen dazu, wie junge Menschen adäquat und bestmöglich behandelt werden können, sodass sie möglichst ein Leben ohne Einschränkungen führen können und eine optimale Betreuung erhalten“, sagt Ziegler, der nicht nur an der Kinder- und Jugend-Leitlinie, sondern auch an der Leitlinie zum Typ-1-Diabetes der Erwachsenen beteiligt war.
Neben den zwei bereits fertiggestellten werden derzeit noch drei weitere diabetologische Leitlinien unter Federführung der DDG aktualisiert: „Gestationsdiabetes“, „Diabetes im Alter“ sowie „Diabetes und Straßenverkehr“.

Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Pressemeldung vom 14.11.2023

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