Rund 45 Millionen männliche Küken werden in Deutschland jedes Jahr getötet, da sich ihre Aufzucht wirtschaftlich gesehen nicht lohnt. © Jason Leung/Unsplash

Landwirtschaft: Tötung männlicher Eintagsküken soll gesetzlich verboten werden

  • 07.04.2021
  • News
  • Anna Sidorenko

In Deutschland soll das millionenfache Töten männlicher Eintagsküken gesetzlich verboten werden. Das Bundeskabinett hat einem Gesetzentwurf zugestimmt, der das Töten von Eintagsküken ab Anfang 2022 verbieten wird. Wer Eier konsumiert, hat allerdings schon seit einigen Jahren Alternativen, um das frühe Töten zu verhindern.

Jedes Jahr werden Millionen männlicher Küken der Legehennenrassen direkt nach dem Schlüpfen getötet, weil ihre Aufzucht unwirtschaftlich ist. Als erstes Land will Deutschland nun per Gesetz das Töten von männlichen Eintagsküken verbieten. Einen Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hat das Bundeskabinett bereits am 20. Januar 2021 verabschiedet. Wird er wie vorgesehen umgesetzt, darf in Deutschland ab dem 1. Januar 2022 kein Eintagsküken mehr wegen seines Geschlechts getötet werden. Entweder werden dann die männlichen Küken der Legehühnerrassen aufgezogen oder das Geschlecht der Embryonen muss bereits im Brutei bestimmt werden und die Eier mit männlichen Embryonen dürfen nicht ausgebrütet werden.

Früher war es auf den bäuerlichen Betrieben so, dass die Hennen für die Eiproduktion und die männlichen Tiere für das Hähnchenfleisch gehalten wurden. Doch ab Mitte des letzten Jahrhunderts wurden die Hühner auf zwei unterschiedliche Zwecke hin gezüchtet: Heute gibt es die Rassen der Hochleistungs-Legehennen und die Rassen der Masthühner. Die männlichen Küken der Legehühnerrassen legen natürlich keine Eier und ihre Mast lohnt sich wirtschaftlich gesehen nicht, da sie im Vergleich zu den Masthühnerrassen nur sehr langsam Fleisch ansetzen. Laut Angaben der Verbraucherzentrale NRW werden in Deutschland daher jedes Jahr rund 45 Millionen (Mio.) männliche Küken direkt nach dem Schlüpfen „entsorgt“. Das betrifft nur die männlichen Küken der Legehennenrassen. Bei den Masthühnern werden keine Küken getötet, da hier beide Geschlechter gemästet werden. Das Töten von Eintagsküken umfasst alle Haltungsformen – auch die männlichen Küken der Bio-Legehennen.

Sog. „Bruderhahn-Eier“ stammen hingegen aus Betrieben, in denen die männlichen Küken zur Fleischerzeugung aufgezogen werden. Subventioniert wird das mit einem Aufpreis auf die Eier. Für ein paar Cent mehr gibt es Eier von Produzenten, die auch männliche Küken aufziehen. Foodwatch e. V. kritisiert jedoch die Vermarktung der „Bruderhahn-Eier“. Die Bruderhahnzucht sei nicht tierfreundlicher und nachhaltiger, nur weil man auf das Kükentöten verzichte. Die Hochleistungszucht auf das Legen maximal vieler Eier sorge dafür, dass Legehennen unter teils schwerwiegenden Krankheiten wie Knochenbrüchen und Brustbeinschäden leiden. Bei den Männchen führe die genetische Disposition der Legerassen dazu, dass sie nur wenig Fleisch ansetzen, aber gleichzeitig sehr viel hochwertiges Futter benötigen. Ihre Mast gehe somit mit einem hohen Ressourcenverbrauch einher. Weiterhin erlaubt ist es zudem, Legehennen aus dem Ausland zu kaufen, wo das Kükentöten noch nicht verboten ist.

Ein alternativer Ansatz ist die Haltung von so genannten Zweinutzungsrassen. Die männlichen Hühner werden gemästet und die Hennen legen Eier. In der Regel liefern die Tiere ein Drittel weniger Eier und Fleisch, jedoch dürfen dafür beide Geschlechter leben. Zweinutzungshühner sind laut foodwatch im Gegensatz zu den gewöhnlichen Legehennenrassen weniger krankheitsanfällig. Die Tiere erbrächten keine krankmachenden Höchstleistungen, könnten aber wirtschaftlich gehalten werden. Insbesondere in der Biobranche wird die Idee des Zweinutzungshuhns intensiv verfolgt. So hat sich die Ökologische Tierzucht gGmbH zur Aufgabe gemacht, geeignete Zweinutzungshühner für Biobetriebe zu züchten. Einzelne Biobetriebe sind bereits dazu übergegangen, mit Zweinutzungsrassen zu arbeiten.

Quellen:
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Pressemeldung vom 18.03.2021
Foodwatch e.V.: Pressemeldung vom 30.03.2021

 

 

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