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Verhaltensforschung: Schlechte (Ess-)Gewohnheiten kein Zeichen mangelnder Selbstbeherrschung?

  • 31.05.2021
  • News
  • Redaktion

Mit der Frage warum wir uns so verhalten wie wir uns verhalten, beschäftigen sich viele Forschende. Dr. Matthias Borgstede (Universität Bamberg) und Prof. Frank Eggert (TU Braunschweig) untersuchten die Zusammenhänge zwischen Lernen und Evolution und konnten diese in einer Theorie vereinen.

Demnach seien schlechte (Ess-)Gewohnheiten kein Zeichen mangelnder Selbstbeherrschung, sondern das Ergebnis eines Selektionsprozesses durch die Umgebung. Dr. Borgstede erklärt diesen Zusammenhang am Beispiel des Eisessens. Die Vorliebe für energiereiche und süße Lebensmittel hat dem Menschen in seiner Entwicklungsgeschichte das Überleben gesichert und die Fortpflanzung positiv beeinflusst. Der süße Geschmack des Zuckers ist daher zu einem „Signal für evolutionäre Fitness“ geworden. Laut Borgstede wird z. B. für eine Person, die regelmäßig Eis in ihrem Gefrierschrank hat, das Öffnen der Gefrierschranktür zum Fitness-Signal. Durch Wiederholung entwickelten sich daraus in einer Art Selektionsprozess feste Gewohnheiten und erlernte Verhaltensweisen.
Derartige Gewohnheiten wirken sich jedoch ungünstig auf die Gesundheit aus und somit auf die evolutionäre Fitness. Eine evolutionäre Selektion gegen die Vorliebe für süße Speisen hat jedoch noch nicht stattgefunden. Dies erklärt, warum sich derartige Gewohnheiten kaum durch gute Vorsätze oder Appelle reduzieren lassen. Den Forschenden zufolge müsse daher, um eine Verhaltensänderung zu erwirken, die Umgebung verändert werden – also dafür sorgen, dass kein Eis mehr im Gefrierschrank ist. So würde der Spaziergang zur Eisdiele künftig selektiert. Die Forschenden konnten zeigen, dass Verhalten weder durch die Gene noch die Umgebung vorgegeben wird, sondern ein Produkt von Variation und Selektion auf biologischer, sozialer und individueller Ebene ist.

Quelle:
Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Pressemeldung vom 03.05.2021

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