© Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH

Online News: Lebensmittelindustrie: Haltungsformkennzeichnung für tierische Erzeugnisse wird fünfstufig

  • 05.02.2024
  • News
  • Redaktion

Die im Lebensmitteleinzelhandel eingeführte vierstufige Haltungsformkennzeichnung für tierische Erzeugnisse wird fünfstufig. Die vierte Stufe der Siegel-Klassifikation wird nun aufgeteilt: Für „Bio“ soll es eine separate fünfte Stufe geben. Außerdem sollen die fünf Stufen jeweils neue Bezeichnungen erhalten, die denen der in Vorbereitung befindlichen verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung entsprechen. Beide Kennzeichnungen können im Markt künftig parallel genutzt werden.

Die „Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH“ (Initiative Tierwohl) gab in einer Pressemeldung bekannt, dass die zurzeit schon im Lebensmittelhandel eingesetzte sog. Haltungsformkennzeichnung von vier auf fünf Stufen erweitert wird. Damit wird sie an die Anforderungskriterien aus dem staatlichen Tierhaltungskennzeichnungsgesetz (TierHaltKennzG) angepasst. Die Vorgaben aus der verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung sollen künftig in den jeweiligen Stufen der Haltungsform integriert werden. Die Änderungen sollen ab Sommer 2024 im Handel zu sehen sein.

Die Haltungsformkennzeichnung der Lebensmittelindustrie gilt für frisches Fleisch und verarbeitete Produkte von Schwein, Rind, Geflügel und Kaninchen. Darüber hinaus ist das Siegel auch auf Verpackungen von Milch und Milchprodukten zu finden. Die staatliche Tierhaltungskennzeichnung wird voraussichtlich erst im Sommer 2025 im Lebensmitteleinzelhandel zu finden und im ersten Schritt auf Schweinefleisch begrenzt sein. Die Lebensmittelindustrie sieht eine Anpassung der Tierhaltungskriterien für die Schweinehaltung in der Haltungsform an diejenigen der staatlichen Kennzeichnung zu Beginn desselben Jahres vor, damit beide Kennzeichnungen im Handel das gleiche bedeuten und damit nebeneinander genutzt werden können. Laut Robert Römer, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH, könne durch die Überführung des Siegels in die Fünfstufigkeit eine Verwirrung der Verbraucher*innen vermieden werden.


Quellen:
- Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH, Pressemeldung vom 23.01.2024. (last accessed on 25 January 2024)
- Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., Pressemeldung vom 22.01.2024. (last accessed on 25 January 2024)


Über die Initative Tierwohl:
Die „Initiative Tierwohl“ ist ein Zusammenschluss der Landwirtschaft, Fleischindustrie und des Lebensmitteleinzelhandels, das 2015 als Förderprogramm für Tierwohl in der Geflügel- oder Schweinefleischerzeugung gegründet wurde. Teilnehmende Unternehmen zahlen bestimmte Beträge an die Initiative, die diese an Fleischerzeuger*innen weiterleitet. Diese verpflichten sich im Gegenzug die definierten Kriterien für das Tierwohl einzuhalten. Diese Anforderungen umfassen jedoch allein Kriterien, die sich auf die Mast beziehen. Spezifische Kriterien für den Transport und die Schlachtung der Nutztiere gibt es nicht. Das Label wird oft in Verbindung mit der Haltungsformkennzeichnung des Handels abgebildet.
Quellen:
- Bundeszentrum für Ernährung (BZfE), Pressemeldung vom 30.08.2023. (last accessed on 25 January 2024)
- Initiative Tierwohl: Über uns. (last accessed on 25 January 2024)

Was unterscheidet die fünfstufige freiwillige Haltungskennzeichnung des Lebensmittelhandels von der gesetzlichen Haltungskennzeichnung?
Die fünfstufige Haltungsformkennzeichnung wird von der Lebensmittelindustrie getragen und ist von der staatlichen Kennzeichnung klar abzugrenzen. Das staatliche Tierhaltungskennzeichnungsgesetz (TierHaltKennzG) wurde vom Bundestag im Juni 2023 beschlossen und schafft die rechtliche Verpflichtung zur Kennzeichnung der Haltungsform bei Lebensmitteln tierischer Herkunft [1]. Schon 2019 führten führende Lebensmitteleinzelhandelsketten eine vierstufige Haltungskennzeichnung ein, die im Gegensatz zur gesetzlichen Regelung jedoch freiwillig angelegt ist. Die erste Stufe der Haltungskennzeichnung entspricht wie im TierHaltKennzG gesetzlichen Mindestanforderungen der Stallhaltung, bedeutet also zunächst keinen Schritt in Richtung mehr „Tierwohl“. Stufe 4 „Premium“, die nun aufgeteilt wird, konnte bisher biologische Erzeugung bedeuten, aber auch konventionelle Haltung war für diese Stufe erlaubt, wenn die Vorgaben eingehalten wurden [2]. Hier wich die staatliche Kennzeichnung stets ab: „Bio“ wird bei der staatlichen, verpflichtenden Kennzeichnung eine eigene Stufe sein, noch über „Auslauf/Weide“. Die neue Anpassung der Haltungsformkennzeichnung der Industrie an die Fünfstufigkeit und an die Bezeichnungen der staatlichen Regelungen impliziert noch keine Anpassung der Kriterien der Haltungsformen an die staatliche Kennzeichnung. Weiterhin ist die staatliche Regelung umfassender als die Haltungskennzeichnung, denn sie betrifft seit dem 1. Februar 2024 auch nicht vorverpacktes Fleisch und somit zusätzlich unverarbeitetes Fleisch, das z. B. in der Fleischtheke angeboten wird, etwa beim Metzger, im Supermarkt, Hofladen oder auf dem Wochenmarkt [3]. Restaurants und Kantinen sind von der Herkunftskennzeichnungspflicht bisher nicht betroffen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium erwägt jedoch künftig auch die Anbieter von Außer-Haus-Verpflegung zur Angabe der Fleischherkunft zu verpflichten. Fazit: Bis die verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung für alle Tierarten, Verarbeitungsformen und Vertriebswege eingeführt sein wird, wird es wahrscheinlich noch einige Zeit dauern. Bis dahin gilt: Wer Fleisch aus artgerechter Tierhaltung kaufen möchte, muss sich selbstständig umfassend informieren und die Standards von Tierschutz-Siegeln kritisch hinterfragen.
Literatur:

1. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Pressemeldung vom 16.06.2023. (last accessed on 25 January 2024)
2. Bundeszentrum für Ernährung (BZfE), Pressemeldung vom 30.08.2023. (last accessed on 25 January 2024)
3. Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V., Pressemeldung vom 22.01.2024. (last accessed on 25 January 2024)

Das könnte Sie interessieren
Pflanzliche Speisefette und –öle. Teil 4: Palmöl weiter
Die Rolle der Ernährungstherapie in der Behandlung von Essstörungen weiter
Alternative Ernährungsformen weiter
MEDPass oder herkömmliche Verabreichung von oraler Nahrungssupplementation weiter
Diagnose-Tool für Schluckstörungen bei älteren Patient*innen: Vergleichsstudie belegt hohe... weiter
Mehr Schein als Sein: Nahrungsergänzungsmittel „made in Germany“ weiter